Die Wellen schlagen ja seit dem 1. Januar wieder mal höher, was das Taxigewerbe in Berlin angeht. Der Grund ist wie bei sämtlichen Kindergärtnereien das nicht enden wollende Gerangel um den Flughafen Schönefeld (SXF), bzw. die Dauerbaustelle des BER. Es ist in allen Medien nur noch vom „Taxi-Krieg“ die Rede, wenngleich es allenfalls ein paar Handgreiflichkeiten in den letzten Jahren gab – was im Grunde für eine recht niedrige Idiotenquote im Gewerbe spricht, wenn man mal betrachtet, wie viele wir sind.
Das Problem
Das Problem am jetztigen und auch am zukünftigen Flughafen ist, dass er im Landkreis Dahme-Spreewald (LDS) liegt. Dazu kam, dass vor einigen Jahren noch in LDS nur rund 40 Taxen zugelassen waren, die das Fahrgastaufkommen dort gar nicht bewältigen konnten. Das Pflichtfahr- und Tarifgebiet der verschiedenen Taxen endet hier aber wie fast überall deutschlandweit an der Stadt-/Landkreisgrenze und ignoriert den Flughafen. Ergo: obwohl der Flughafen dem Gefühl der meisten Leute nach zu Berlin gehört, ist taximäßig LDS dort zuständig.
Lösungs-, bzw. Problemerschaffungsversuche
Die geringe Taxianzahl in LDS war ausschlaggebend dafür, dass es zwischen Stadt und Landkreis ein Abkommen gab, welches uns Berliner Fahrer berechtigt hat, am Flughafen Kundschaft aufzunehmen. Wie genau und wann das System gewachsen ist, weiß ich auch nicht, aber das Abkommen beinhaltete natürlich auch Einschränkungen und Gegenleistungen. Es wurde eine Vorrückregelung am Flughafen geschaffen, die zunächst die LDS-Fahrer begünstigte, weil sie zahlenmäßig unterlegen waren – und einigen LDS-Fahrern wurde erlaubt, auch am Flughafen Tegel (der auf Berliner Stadtgebiet liegt) zu laden. Als die BER-Planungen langsam Gestalt annahmen und wunderliche Gerüchte um die Verdienstmöglichkeiten am größeren Flughafen herumgingen, meldeten einige Berliner Taxiunternehmer ihr Unternehmen in LDS an, so dass die Zahl der Taxen im Landkreis auf mehrere hundert stieg. Womit, relativ unerwartet, plötzlich die Berliner in der Schlange im Vorteil waren.
Deswegen wurde um die 1:1-Regelung auch wieder gefeilscht, sie wurde geändert und am Ende haben sich die Gewerbevertretungen bei der Lösungsfindung um einen gemeinsamen Tarif am Flughafen zerfleischt.
Bis dato war die (für Fahrgäste auch nicht gerade sinnvolle) Lösung, dass die Taxen halt einfach unterschiedlich kosteten, je nachdem, welches Kennzeichen der Wagen hatte. Die Tariffindung gestaltete sich schwierig, da die bisherigen Tarife extrem unterschiedlich sind:
Berlin hat einen recht einfachen Tarif mit der berühmten Wartezeitunterdrückung und ohne (hier nennenswerte) Zuschläge, die kurzen Fahrten sind teurer als im LDS-Taxi, die übliche Tour vom SXF (oder BER) ins Zentrum Berlins jedoch billiger.
LDS hat einen komplexeren Tarif mit Nachtzuschlag, keine Wartezeitunterdrückung, dafür günstigere erste Kilometer.
Keiner wollte auf die eigenen Vorzüge verzichten, am Ende stand ein ziemlich dürftiger Kompromiss: Bei der Eröffnung des BER sollten alle Fahrten von dort nach LDS-Tarif gefahren werden, egal woher das Taxi kommt. Dass das keine endgültige Lösung sein würde (es hätte hier in Berlin z.B. anscheinend Probleme gegeben, den neuen Tarif im Taxameter einzuspeichern), war klar. Der Senat aber war stolz wie Bolle, die Gewerbevertretungen suchten weiter nach Lösungen und die Fahrer hassten sich nach wie vor und bezichtigten die anderen jeweils der Abzockerei, des Vordrängelns und dergleichen mehr.
Dann wurde die Eröffnung des BER plötzlich um anderthalb Jahre verschoben und der Landkreis kündigte recht überraschend an, dass die bisherige Einigung damit hinfällig sei und hat die Zusammenarbeit zum 31.12.2012 hin gekündigt.
Der jetztige Stand
Seit Jahresbeginn dürfen nun keine Berliner Taxen mehr Fahrgäste am Flughafen Schönefeld aufnehmen. Also ja, dürfen sie natürlich – wenn sie bestellt sind. Das Ganze betrifft nur den Taxistand. Im Gegenzug haben die LDS-Fahrer, die bislang Tegel angesteuert haben, dort auch kein Laderecht mehr. Was nun in Boulevard-Medien als „immer irrer“ bezeichnet wird, soll auf der anderen Seite vollkommen „gelungen“ und „harmonisch“ sein. Im Grunde ist die Regelung damit zwar neu, ansonsten aber einfach nur identisch mit dem, was an den meisten Grenzen zwischen Tarifgebieten in Deutschland üblich ist: es ist eine Grenze, ab dort ist Schluss mit Fahrgastaufnahme. Immerhin eine durchschaubare Regelung.
Vorteile:
Kein Tarif-Roulette am Flughafen mehr, die Preise sind einheitlich.
Die Grenzen sind einheitlich und nachvollziehbar.
Alle Taxen können ihre Tarife behalten.
Weniger Stress zwischen den Lagern.
Nachteile:
LDS hat derzeit eher Probleme, weil Tegel noch besser läuft als Schönefeld.
Berlin wird Probleme haben, weil Tegel irgendwann in den nächsten, sagen wir mal 10 Jahren, schließt.
Die Fahrgäste zahlen für eine Fahrt von Schönefeld in die City ein paar Euro mehr.
In der Presse wird gelegentlich prominent erwähnt, wie schlimm das sei, dass die LDS-Taxen jetzt leer durch die ganze Stadt zurückfahren müssten – oder die Berliner, wenn sie Kunden in SXF anliefern. Dabei wird meiner Meinung nach übersehen, dass das bisher nicht groß anders lief. Viele Fahrer fahren ausschließlich vom Flughafen, es wird nur recht wenige Berliner Kollegen betreffen, die z.B. immer am SXF gestartet sind und dann in der City ihre Schicht fortgesetzt haben.
Aber wir würden hier keinen Kindergartenkrieg führen, wenn wir nicht jetzt schon wieder Gespräche vereinbart hätten und eine neue „Lösung“ anstreben würden …
Meine persönliche Meinung als Berliner Taxifahrer
Lassen wir’s doch so!
Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Ich würde mich über einen gemeinsamen Tarif mit LDS freuen. Aber mir ist auch klar, wie schwierig das ist. Ich bin ja selbst ausgesprochener Befürworter unseres recht simplen Tarifs, weil ich Transparenz wichtiger finde als die Möglichkeit, irgendwo noch ein paar Cent mehr abzugreifen.
Ich finde es als Taxifahrer zwar auch bekloppt, dass der Senat mal eben zwei innerstädtische Flughäfen schließt, um einen auf dem Land nie fertigzubauen. Andererseits ist es derselbe Senat, der an den Flughäfen mal eben Privatfirmen in den Taxitarif eingreifen lässt (zu diesem Thema hab ich hier noch ein paar Worte verloren). Es gibt offenbar ohnehin keinen, der sich wirklich für die Belange der Taxifahrer interessiert, da kann man doch froh sein, wenn uns der ganze Flughafenstress künftig nicht mehr betrifft.
Das Problem, dass inzwischen zu viele Taxen auf der Straße unterwegs sind, wird zwar dadurch verschärft, rein mengenmäßig ist aber weder der eine, noch der andere Flughafen sonderlich relevant fürs Gewerbe. Dem Problem mit den vielen Taxen sollte ohnehin mal durch einen Konzessionsstopp oder durch eine vernünftigen Kontrolle begegnet werden.
Außerdem bin ich mir auch nicht sicher, ob der BER irgendwann mal ein wirklich gutes Geschäft abgeben wird. Die Preise für die Taxifahrt von dort in die City werden dank größerer Entfernung und den Zuschlägen deutlich höher sein als bisher, im Gegenzug bekommt der Flughafen eine schnelle Bahnanbindung. Ob da nur wegen steigender Passagierzahlen wirklich ein Plus für uns herausspringt, darauf würde ich nicht wetten. Vorschnelles Ärgern halte ich da für nicht angebracht. Und wer als Taxifahrer unbedingt zum Flughafen will, kann ja sein Gewerbe in LDS melden – er wäre damit ja in guter Gesellschaft.
Und die Preise für die Kunden? Ich würde mal sagen, dass die Kunden, die sich für die 5 bis 10 € interessieren, mit der Zeit wissen werden, dass sie dafür ein Berliner Taxi bestellen müssen. Vielleicht ist der Status Quo also doch nicht ganz so schlimm, wie es allenthalben berichtet wurde.