Dieses „Unverhofft“

Als ich die Warschauer Straße so runtergegurkt bin, habe ich es bereut, nicht auf dem kürzesten Weg zum Ostbahnhof gefahren zu sein. Kaum dass ich die Straße im Überblick hatte, zählte ich vor mir fünf leuchtende Fackeln. Es gibt so Tage, da schafft man es einfach nicht, mal eine Straße langzufahren und auf Winker zu hoffen, weil reihenweise Kollegen vor einem herfahren, die ebenfalls wie die Geier am Kreisen sind. Und das ist enorm demotivierend.

Schlecht laufen kann es auch an anderen Tagen, weil man nur kurze Fahrten kriegt oder an irgendeiner Halte verschimmelt – aber dieses Gefühl, dass einem nicht mal mehr Glück helfen könnte, kann einen runterziehen, wenn man unbedingt noch ein paar Euro einfahren will.

Und jetzt?

Der Kollege vor mir hatte ihn gerade passiert, da riss der Typ am Straßenrand seinen Arm hoch. Vor mir, Fahrer Nummer 6 in der umherfahrenden Taxischlange. Das war mehr als nur unerhofft, das war nahe an der Unmöglichkeit. Nachdem wir das Gepäck verstaut hatten, hab ich das dem bärtigen Kerl auch gesagt und der nickte nur zum Kofferraum und meinte:

„Ey, wenn ihr hier so zahlreich rumfahrt, dann nehm‘ ich mir eben die Zeit, meine Gitarre ganz liebevoll abzusetzen, bevor ich mir ein Taxi ranwinke …“

War nur eine Kurzstrecke, den Tag gerettet hat die Tour also sicher nicht. Die Laune aber durchaus, schon alleine, weil der Typ zusätzlich zum dringend nötigen Funken Hoffnung auch die dazugehörige Portion Lässigkeit zurück in die Schicht gebracht hat. 🙂

14 Kommentare bis “Dieses „Unverhofft“”

  1. Blogleser sagt:

    Nach welchen Kriterien wählst du einen Text für deinen Blog aus?
    Hattest schon mal bessere Geschichten…

  2. SaltyCat sagt:

    @blogleser: keiner zwingt dich hier zu lesen 😉

  3. Holger sagt:

    Ehrlich gesagt, die Antwort vom Kunden, warum er gerade Sash ausgewählt hat und das Ganze für eine „Kurzstrecke“ fand ich auch ziemlich plump.

    Aber naja, Wunschgeschichte und Realität ist weit voneinander entfernt.
    Perfektion wäre es, wenn der Kunde gesagt hätte: „Ja ich wollte mit dem ersten fahren, aber dann ist mir Ihr Taxi sofort positiv aufgefallen.“ Oder dass er Sash kennt oder irgendsowas. Aber naja, kann ja nicht immer so perfekt sein.

  4. Sash sagt:

    @Blogleser:
    Ich hab doch gestern schon geschrieben, dass gerade nix los ist. Kaum jemand interessantes im Auto, es passiert einfach nix. Durchschnittliche Touren, nette Fahrgäste, Hallo, Smalltalk, Tschüss, durchschnittliches Trinkgeld. Da hab ich nicht viel Auswahl. 🙂

  5. Bernd sagt:

    @Blogleser
    Die Antwort ist doch einfach: Tatsachenberichte! Sash hätte sicher auch erzählen können, daß der Kunde erst nach einem Fahrer mit lackierten Fingernägeln gesucht hat, dann aber doch einen bärtigen nahm. Über das Motiv zu rätseln, wäre dann eine schöne Aufgabe gewesen. So aber zeigt die Story schlicht und ergreifend, wie Sch… im Moment das Geschäft läuft.

  6. Aro sagt:

    Na ja, Sash: Auf der Warschauer ein konkurrenzloses Jagdrevier zu erwarten, ist aber auch etwas blauäugig. Ansonsten kann ich die Helsingforser empfehlen, da bin ich schon (ich glaube) dreimal gewunken worden. Von irgendwelchen Berghain-Gästen, die quer durch gelaufen sind.

  7. Blogleser sagt:

    @SaltyCat
    Indirekte Aufforderung den Blog hier nicht mehr zu besuchen? Clown gegessen ;)? Gehe mal eben in den Keller zum lachen.

    @Sash
    Schade. Lese gerne deinen Blog und bin über die Regelmäßigkeit deiner Einträge begeistert. M.E. sind dann solch Einträge, um nur etwas zu bieten, kontraproduktiv.
    Sonst natürlich weiter so und weiterhin viel Erfolg als Autor!

    Ein begeisterter Blogleser 😉

  8. SaltyCat sagt:

    @Blogleser: Nein, Schnucki 😉 Eher eine sanfte Erinnerung daran, wie ein Blog funktioniert: Sash schreibt, was er möchte – und wir können es lesen. oder es lassen.
    Das hier ist ein Weblog. Wenn Sash etwas Tolles oder Bemerkenswertes erlebt, gibts hier ’ne interessante Geschichte. Wenn er ’ne 08/15-Schicht fährt, gibt’s halt bärtige Gitarrenspieler. Und AUCH DAS gehört hier rein, denn es spiegelt das wieder, worum es hier geht – den Alltag im Taxi.

  9. der Schwob sagt:

    Och Kinner, hört auf euch zu zerfleischen….es kann nicht immer die geilen Stories geben und ich denke Sash versucht alles unterzukriegen. Ist halt manchmal schwer wenn man nur Standart erlebt, was von Ihm aber nicht zu ändern ist. In anderen Blogs wo immer Action geboten wird, kannst du dir sicher sein, das 90% der Geschichten frei erfunden sind. Hier spiegelt eben alles die Realität nieder.
    Und auch wenn ein Kunde in die Libanonstrasse will, ist das für einen Taxifahrer ja auch nicht zwingend die Aufforderung anzufragen ob man nicht eher in den Libanon fahren will….

  10. Sash sagt:

    @all:
    Es ist wirklich lustig, das hier zu lesen. 🙂
    Ich stimme Blogleser sogar zu, dass es eigentlich toll wäre, immer erst was zu posten, wenn es wirklich toll ist. Da muss ich halt ganz ehrlich sagen, dass mein Bedürfnis, GNIT jeden Morgen zu füllen, manchmal einfach dagegen spricht.
    Ich mache gerade zwischen 30 und 50 Touren in der Woche, diese Woche hab ich fast gar nix gemacht. Aber von den durchschnittlichen 40 sind schon 30 garantiert und ohne Umschweife nicht bloggenswert. Nicht einmal, wenn ich von komischen Frisuren berichten würde. Und die restlichen zehn, von denen ich vielleicht nur 5 notiert habe, waren 6 bloß mit einem einzelnen blöden Spruch, einem Witz oder einem überdurchschnittlichen Trinkgeld. Mit viel Glück wird das spaßig, wenn ich’s mit anderen Dingen in Bezug setze oder auf Geschichten von Kollegen zurückgreife.
    Eigentlich würde es mir selbst gut tun, nur noch 2 bis 3 Einträge die Woche zu schreiben, die dafür super ausgearbeitet und mit wirklich erzählenswerten Stories. Auf der anderen Seite ist das nur eine Möglichkeit. Die andere ist halt, immer irgendwas zu schreiben und auch mal zuzugeben, dass der Arbeitstag heute langweilig war. Das soll es sogar im Taxi geben, man glaubt es kaum. Momentan halte ich es mit zweiter Variante, vielleicht ändert sich das auch mal. Man wird sehen.

  11. Holger sagt:

    Es gibt ganz andere, die aus Scheiße Geld machen, davon bist du mit deinem Blog noch weit entfernt lol.

  12. Roichi sagt:

    Zu komischen Frisuren hatte ich neulich ein Erlebnis in der Ringbahn.
    Eine Frau mit einer Schleife auf dem Kopf. Aus ihren Haaren.
    So richtig schön, wie man das aus der Chappi-Werbung kennt. Nur eben die eigenen Haare.
    Ich frag mich immernoch, wie die das hinbekommen hat.

  13. idriel sagt:

    @Roichi

    Ist gar nicht so schwierig..wenn es dich wirklich interessiert: Bei youtube gibts Anleitungsvideos dazu 😀

  14. Roichi sagt:

    Also mit meiner Haarlänge wird das eher nichts.

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