Also echt jetzt!

„Guten Abend, wo darf es denn hingehen?“

„Spandau.“

„OK, wohin genau?“

„Also zum Bahnhof. Nicht ganz. Aber so die Ecke.“

„Alles klar, kein Problem.“

„Ja, da, ich … äh, ich hab aber nur noch 15 €.“

„Das wird nicht reichen. Sollen wir unterwegs an einer Bank anhalten?“

„Hmm, ja, äh … nee. Wieviel mehr wird das denn sein?“

„Schon einiges. So auf 25 € kommen wir sicher. Für 15 € kommen wir höchstens bis Anfang Charlottenburg.“

„WAAAS? So eine Frechheit. Ich bin bisher immer mit 15 € nach Spandau gekommen!“

„Von hier aus?“

„Na das vielleicht nicht, aber SOOO schlimm war das noch nie! Also echt jetzt!“

„Tut mir leid, das ist nunmal der Tarif. Wir Taxifahrer müssen ja auch von irgendwas …“

„Da kann ich ja gleich laufen!“

„Naja, bei der Strecke …“

„Sie finden das wohl auch noch toll, oder?“

Daraufhin Abgang besagter Kundin. Und währenddessen ist der Kollege hinter mir vom Stand weggekommen …

Ich weiß doch, dass Taxifahren teuer ist. Himmel, ja! Da müssen Auto und ein eigener Fahrer bezahlt werden. Das ist nix, was mal eben für 45 Minuten Fahrt nur ein paar Cent kosten kann. So leid es mir tut. Aber darum so einen Aufstand zu machen? Ich weiß ja nicht …

PS: In den FAQ beantworte ich auch Fragen zum Taxitarif.

Visualisierte Taxiumsätze

Dank des Internets gibt es ja nichts, was es nicht gibt. Leider kommt beim vielen Rumprobieren der Kreativlinge bisweilen auch viel Quark heraus. Da schließe ich meine eigenen Bestrebungen im www durchaus mit ein, ich hab durchaus auch schon so manchen Bock geschossen. Auf eine sehr schöne Ausnahme hat mich gerade Jennifer hingewiesen, das ist Informationsvermittlung, wie sie eben nur im Netz funktioniert. Und – trommelwirbel! – es hat was mit Taxen zu tun.

„The Boston Globe“ hat die Umsätze eines Taxifahrers in Boston sehr schön visualisiert, hat mir sehr gut gefallen. Ich hab zwar auch erst einmal ein bisschen gebraucht, bis ich das wirklich verstanden hab, aber dann ist es echt interessant.  Wer das mit dem Umsatzgenörgel also mal animiert sehen möchte, der sollte folgendes anklicken:

The Boston Globe – How does a cabbie make money?

Ich mag sowas. Daten in den richtigen Händen sind was tolles – nicht zuletzt deswegen hab ich ja z.B. angefangen, meine Fahrten mitzutracken. Das ging ja auch auf die Sache mit dem Berliner Atlas paradoxaler Mobilität damals zurück. Die Daten für so eine Umsatzgrafik hätte ich übrigens (allerdings noch nicht digital) durchaus auch vorliegen. Wenn irgendwelche technologieaffinen Leute sowas wie oben auch mal machen wollen, dann hätte ich Material. 🙂

Nächtliche Ausflüge

Das, was die Fahrt mit mir für viele meiner Fahrgäste ist, ist für mich ja der Besuch im normalen Mittagsleben. Zwölf Uhr ist in meiner Welt jetzt seit vier Jahren keine sonderlich normale Zeit mehr – so wie vermutlich fünf Uhr in der Frühe für viele meiner Leser. Klar, man wacht um die Uhrzeit mal zu früh auf, man bleibt beim Weggehen am Wochenende mal so lange wach – aber eigentlich …

Ich hab erst einmal mein Handydisplay auf 100% gestellt. Normalerweise switche ich zwischen 17% (fast immer) und 56% (tagsüber in der Wohnung), aber 100?
Doch es war eben 10.30 Uhr, als ich mich auf den Weg zum Haus des Rundfunks gemacht hab, das in Kombination mit Frühlingsanfang und noch nicht getautem Schnee blendet doch ziemlich. Auf meinem weiten Weg vom tiefsten Osten in den mittleren Westen Berlins hab ich zwar alle Bahnen bekommen und sie fuhren in ungewohnter Regelmäßigkeit – dafür hab ich es zu meiner Arbeitszeit aber auch noch nie mit Menschen zu tun gehabt, die ihre Kinder ablecken. Zumindest nicht in meiner Gegenwart.

Wenn ihr jetzt „OMFG!“ ruft, dann behaltet das im Hinterkopf, wenn ich mal wieder von Menschen schreibe, die ihren Penis mit Godzilla vergleichen. Denn es ist nunmal nicht so, dass so etwas die ganze Zeit passiert. Der Eigenbrutpfleger war aber bald wieder ausgestiegen und ich hab mein Ziel eigentlich störungsfrei erreicht. Und kaum, dass ich ausgestiegen war, ist mir einmal mehr bewusst geworden, was ich an meinem bescheidenen Stadtteil so mag: dass es dort nicht so aussieht wie an dieser apokalyptisch grauen Vorzeige-Ecke Berlins, zwischen ICC, Messe, Autobahn und Haus des Rundfunks. Dann echt lieber realsozialistische Stapelwohnungen …

Ein paar Kollegen standen etwas unmotiviert* am ZOB rum, ich hatte aber keinen von denen je gesehen. Was ja kein Wunder ist. Anderes Ende der Stadt, anderes Ende des Tages, anderer Job eben.

An der Pforte vermeldete man mir mit einem sonst nur Postbeamten eigenen Pflichterfüllungsstolz, dass ich namentlich bereits aktenkundig bin und gleich abgeholt werden würde. Prima! Im Foyer hab ich noch obenstehendes Foto aufgenommen, das hat mir designmäßig ja wenigstens ein bisschen zugesagt. In der Folge hatte ich das Gefühl, irgendwie wenigstens halbwegs souverän rüberzukommen, aufgeregt war ich dank meines letzten Radiobesuchs beim Deutschlandradio echt gar nicht mehr.

Die ganzen Mitarbeiter waren nett, alles lief professionell und der Moderator ist sogar echt ein sympathischer Mensch. Schade war nur, dass die Sendung sehr kurz war und die Anrufer fast durch die Bank Senioren waren, die als spannendste Geschichte ein verlorenes und zurückgebrachtes Portemonnaie zu bieten hatten. Da urteile ich aber vielleicht ein wenig zu sehr mit der Abenteuerarroganz eines Nachtschichtlers.

Was jedenfalls wirklich unglaublich war, waren all diese „der war Ausländer, aber sooo nett“-Kommentare. Ich hab mit Freude zur Kenntnis genommen, dass der Moderator jedes Mal seine Augen so weit verdreht hat, dass ich einmal fast erwartete, er würde die 360° schaffen und die Pupillen würden unten wieder auftauchen. Auf der anderen Seite war’s vielleicht für die Hörerschaft auch echt ein nötiger Hinweis, dass die nichtdeutschen Kollegen hier alles in allem natürlich auch eine prima Arbeit machen. Hätte zwar gehofft, darüber wären wir langsam hinaus, aber gut. -.-

Alles in allem war’s kurzweilig, hat auch durchaus Spaß gemacht. Aber wahrscheinlich werde ich dergleichen nicht mehr machen. Insgesamt war ich dreieinhalb Stunden unterwegs und das Ergebnis könnt ihr Euch hier in 25 Minuten anhören. Da bleib ich im Großen und Ganzen doch lieber beim Bloggen. 🙂

Aber das kommt auf die Sendung an. Beim Deutschlandradio war’s den Aufwand z.B. wesentlich mehr wert. Doch deswegen gucke ich ja auch mal rum – man kann ja ruhig alles mal ausprobieren.

*so unmotiviert, wie ich sicher am Ostbahnhof nachts um drei Uhr auch aussehe 😉