Die Umweg-Frage

Da ich ja öfter mal am Ostbahnhof stehe, kommt es auch gelegentlich vor, dass man Reisende – in der Regel eiligst – zum Flughafen fahren muss. Meistens Schönefeld. Das ist eine wirklich angenehme Tour, Pi mal Daumen sind das 30 €. Unter der Woche gut ein Viertel des Schichtumsatzes.

Aber die Tour ist fast immer mit Gewissensbissen verbunden. Wieso? Wegen der Route.

Mit ein paar Variationen gibt es eigentlich 3 Routen, die mir einfallen.

Die eigentlich unmöglichste ist die einfachste: Man fährt über die Oberbaum- oder die Elsenbrücke, dann das Adlergestell unter all seinen Namen immer geradeaus und biegt nachher links zum Flughafen ab. Die Strecke ist mit 30,80 € (nagelt mich nicht drauf fest, vielleicht ist das sogar noch der alte Tarif) die längste, die ich bisher gefahren bin, hat aber entscheidende Vorteile: So lange nicht gebaut wird, lässt sie sich gut fahren und gerade Touris ärgern sich nicht über irgendwas, weil das die ausgeschilderte Strecke ist. Aber sie ist definitiv zu lang.

Die zweite Route ist eigentlich völlig irrelevant. Das ist die Kürzeste. Sie führt übers Kotti und den Hermannplatz die Karl-Marx-Str. runter. Kürzer und damit billiger geht nicht, aber das weiss kein Kunde, und spätestens an der dritten Ampel in Kreuzberg finden alle die Route bescheuert. Man kann zwar später noch auf die Autobahn wechseln, was bei minimalem Umweg immer noch eine gute Route ist, aber wenn man nicht Richtung Treptow startet, gucken sowieso alle komisch.

Die dritte Route ist eine interessante Kombination. Man startet nach Treptow, biegt aber in den Dammweg ab und fährt dann auf die Autobahn. Das ist ein paar Meter länger, als wenn man die Sonnenallee nutzen würde, spart aber eine Menge Nerven bei den Ampeln und der Preis liegt bei ziemlich genau 30 €. Das aber wiederum hängt von einer Kleinigkeit ab: Die Brücke!
Den meisten Fahrgästen ist es egal, ob man über die Oberbaumbrücke oder die Elsenbrücke fährt. Dank der unterschiedlichen Straßenbeschaffenheiten scheinen die Wege auch gleich lang zu sein. Sind sie aber nicht! Der Weg über die Oberbaumbrücke ist – obwohl man ein paar Meter gegen die Fahrtrichtung fahren muss – kürzer. Nicht viel, aber gerade bei der Flughafen-Tour macht sich das bemerkbar. Wenn ich über die Elsenbrücke fahre, dann kostet die Tour 30,20 €. Über die Oberbaumbrücke sind es 29,80 €. Man kann jetzt sagen, der Preisunterschied ist zu vernachlässigen. Dem würde ich zustimmen – und so schlechte Laune, dass man wegen sowas Rabatz macht, sollte man wirklich nicht haben – aber wer schon einmal einen Beruf ausgeübt hat, in dem es Trinkgeld gibt, der wird mein Problem verstehen…

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20 Kommentare bis “Die Umweg-Frage”

  1. Jo sagt:

    Hmm… wie die in der Ortskundeprüfung wohl reagieren würden, wenn ich denen sage „Okay. Kürzeste Strecke bekomme ich hin. Aber sie ist _völlig_ bescheuert…“

  2. Klaus sagt:

    Und vor allem, wie willst Du Deinen (vielleicht nicht nur der deutschen sondern auch der englischen Sprache nicht mächtigen) Fahrgästen erklären, dass die Beschilderung immer geradeaus zeigt, du aber von dieser Beschilderung abweichst? Die denken doch, du würdest mit ihnen Umwege fahren.
    Ich habe schon öfter Komplimente gekriegt für diese „angenehme“ Strecke, immer geradeaus. Oberbaumbrücke ist geschenkt. Das sind nicht mal 200 m.
    @Jo
    Ortskundprüfungen und wirkliches Leben sind zwei Paar Schuhe. In den ersten Monaten meiner Fahrerei war ich einigen Pöbeleien von Fahrgästen ausgesetzt, da ich immer versucht habe, die kürzeste Strecke zu nehmen.
    Die Strecke, die Sash oben beschreibt (Ostbahnhof nach Schönefeld über Hermannplatz habe ich nur ein einziges Mal genommen. 🙂

  3. Sash sagt:

    @Jo:
    Wenn du die Strecke wirklich kannst und du dir auch bei den Zusatzfragen sicher bist, dann versuch es 🙂
    Die haben mehr Humor als man glaubt – die kennen sich ja auch aus…

  4. Sash sagt:

    @Klaus:
    Ich hab das allen Fahrgästen bisher erklären können, aber es kann natürlich sein, dass die 29,80 € ohne Trinkgeld neulich dann doch ein Zeichen waren 🙁
    Aber ja, die Probleme mit den Kunden, die „ja wohl wissen, wo sie wohnen und wie man da am Besten hinkommt“, die kenne ich natürlich auch…
    Hermannplatz bin ich auch nur ein einziges Mal gefahren, und der Kunde wollte dann in Neukölln doch lieber auf die Autobahn 🙂

  5. Aro sagt:

    Über die Oberbaumbrücke ist natürlich interessant, aber ansonsten fahre ich auch eher die Treptower Strecke und Grenzallee auf die Autobahn. Aber über’n Hermannplatz ist schon was Neues. Allerdings würde ich mir die Karl Murks gerne ersparen.

  6. Sash sagt:

    @Aro:
    Ich musste die Strecke über den Hermannplatz der Prüfung wegen lernen. Daher hab ich das noch im Kopf. Ich bin ja gespannt, ob das jemals jemand von mir verlangt…

  7. mime sagt:

    … also meinereiner fährt meist über die oberbaumbrücke, dann bouchéstrasse, harzer, teupitzer, kiehlufer, ziegra und dann sonnenallee und grenzalle auf die autobahn. sind auf jeden fall weniger als 29,80 und die ecke am arbeitslosenamt kann man noch über den parkplatz umfahren.
    hab´ich jetzt gewonnen…!? (noch kürzer wäre natürlich über elsen, kiefholz und teupitzer aber da sind die ampeln scheisse)

  8. Aro sagt:

    @mime
    Also über die Bouché fahre ich nur, wenn ich allein im Auto sitze. Mit den Querbalken da mitten auf der Straße. Und spätestens Kiehlufer Ecke Ziegra kriegt mein Fahrgast wirklich Angst, zum es da anscheinend auch keine Laternen gibt.

  9. Sash sagt:

    @mime:
    OK, kurz ist die Route definitiv! Aber Bouchéstr. zum Flughafen will doch wirklich keiner, oder? Aber in der Prüfung wäre es wahrscheinlich sogar für die Prüfer überraschend 🙂

  10. Sash sagt:

    @Aro:
    Kielufer Ecke Ziegra ist doch ne schöne Gegend. Ok, wirkt ein bisschen wie ein Gebiet, in das angebliche Taxifahrer ahnungslose Touris… ich schweife ab 🙂

  11. Aro sagt:

    Wenn man sich die am Rande liegenden Müllhaufen genauer anschaut, findet man dort auch den einen oder anderen zerfetzten Rucksack, kaputten Stadtplan oder durchweichte Rechnung von Mutter Hoppe…

  12. Sash sagt:

    @Aro:
    Die dunkle Seite Berlins…
    😀

  13. mime sagt:

    die leute schauen an der ecke wirklich meist ganz komisch…

  14. Sash sagt:

    @mime:
    Verständlich 😀

  15. Nathan sagt:

    Sieht vielleicht dämlich aus, wenn ich die Diskussion nach knapp zwei Jahren nochmal aufrolle aber mein Ego verbot es mir, das hier einfach so stehen lassen.
    Ich behaupte, die kürzeste Route ist die hier: http://ovi.me/Fxgvh
    Natürlich würde so kein vernünftiger Mensch fahren aber in der Ortskundeprüfung wäre es doch die richtige Lösung, oder? Und 29,80 sind ja wohl ausgesprochener Wucher, Sash 😉

  16. Sash sagt:

    @Nathan:
    Kein Problem, deswegen schließe ich die Kommentare nicht nach 2 Wochen 🙂
    Ich würde gerne was zu deiner Route sagen, leider zeigt mir dein Link keine Route an, sondern nur die Nokia-Maps-Startseite…
    Allerdings glaube ich nicht, dass es kürzer geht als die von mir oben erwähnte Route über den Herrmann-Platz. Die kostet dann auch keine 29,80 €, aber die will wie gesagt auch keiner fahren 😉

  17. Nathan sagt:

    Komisch, bei mir geht der Link.
    Egal, es geht über die Schillingbrücke, dann Köpenicker Straße, Manteuffelstraße, Wiener Straße, Ohlauer Straße, Friedelstraße, Weserstraße, Reuterstraße, Karl-Marx-Straße, Buschkrugallee, Rudower Straße, Waltersdorfer Chaussee.
    Ich weiß zwar nicht genau wo die Halte am Obf ist, da ich selten in Berlin bin aber ich komm auf 16,5 km und 26,80 Euro.

  18. Nathan sagt:

    OK, zwischen Nokia und Google gibt es auf jeden Fall Differenzen von 300-400 Metern. Nokia zeigt für beide Strecken 16,5 km an. Da Google dir recht gibt, ist deine Strecke wahrscheinlich um ein paar Zentimeter kürzer. Gratulation 😀
    Eigentlich ziemlich sinnlos, daraus eine Wissenschaft zu machen, aber es macht Spaß 😉

  19. Sash sagt:

    @Nathan: Eben 🙂
    Aber auch mein Navi gibt mir für die meisten Adressen, die in diese Richtung gehen, die Route übers Kottbusser Tor an und nicht über die Manteuffelstraße. Scheint irgendwas dran zu sein…

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