Rechnungsauswurf – oder Auswurfsrechnung

Der Brief an meinen ersten Kotzer ist raus.

Schon vor zwei Tagen geschrieben, habe ich heute die Rechnung an den werten Herrn Doktor verschickt, dessen Gattin letzten Freitag in stoischer Lethargie während einer famosen Tour meine Seitentüre mit ihrem Mageninhalt verziert hatte. Die Rechnung ist nicht ganz so saftig wie ich sie mir in Gedanken ausmalen könnte, aber doch irgendwie fair.

200 € ist ein gutes Maß, sagen zumindest die meisten Kollegen, Aro z.B. stellte hier aber auch schon 250 € in Frage, und es ist klar, dass wir hier Handlungsspielraum haben – zumal sich die Schäden ja auch immens unterscheiden können. Wenn der Kunde die Rechnung nun ordnungsgemäß begleicht, hat mir die Tour 185 € eingebracht, und damit wäre ich eigentlich zufrieden. Soll jetzt nicht heißen, dass mir jeder für 185 € die Kiste vollkotzen soll, weil ich mich drüber freue – aber abgesehen von zwei blöden Sprüchen kann ich mich über das Verhalten der Kundschaft bisher nicht beschweren. Trotz enormer alkoholbedingter Schlagseite lief alles ruhig und verständnisvoll ab. Den – wenn auch im Nachhinein betrachtet lächerlichen – Versuch einer eigenmächtigen Säuberung rechne ich dem Herrn positiv an, und de facto bleibt von der ganzen Kohle ja immerhin alles bei mir – und nicht nur die üblichen 45%. Dafür dass sich mein tatsächlicher Ekel auf ein oder zwei Momente beschränkt hat (Identifikation von Lebensmitteln und so), wäre das in dem Fall in Ordnung – und in Zukunft handhabe ich das dann wahrscheinlich auch strikter. Zumal die wenigsten Kunden in so einem Fall irgendwie kooperativ sind.

Sollte der Versuch nicht fruchten, dann wird es wahrscheinlich hässlich – aber mein Chef ließ schon verkünden, dass man das dann ja über den Anwalt der Firma regeln könne. Wahrscheinlich werde ich das Geld also sehen 🙂

Stinker

Das war eine vergurkte Donnerstagsschicht…

Der erste Fahrgast fährt für 6,40 € und zahlt mit einem Fünfziger. Besser ist es kaum geworden. 8 Touren in 5 Stunden sind recht ordentlich in Berlin – leider war keine einzige über 10 € dabei.

Einmal mehr am Ostbahnhof angekommen, schlich ein altes Ehepaar über die Straße. Ich war letzter in der Schlange, stand vor dem Wagen und hab eine geraucht. Sie kam mit einem Rollator daher, er war da um sie abzuholen. Sie nuschelte irgendwas von

„Is ja gut, dass die bis hier stehen…“

Klingelingeling! (etwas kindische Darstellung von Alarmglocken)

„Brauchen sie etwa ein Taxi?“

„Ja, aber wir müssen doch erst da vor laufen…“

Sprachs und war gar nicht so begeistert davon.

„Sie können auch gerne bei mir einsteigen! Sie können sich das frei aussuchen…“

Klar ist es netter, wenn der erste Kollege die Fahrt kriegt, aber weiter vor als bis zur Nummer 16 (waren ja am 3. Nachrück(e)platz) wären sie eh nicht gelaufen und wenn ich mich ihrer schon annehme…

Sie haben sich dann spontan für mein Taxi entschieden („Sie gefallen uns am Besten!“) und ich war auch froh drum, wenigstens noch eine Tour mehr zu haben. Mir egal, wohin! Im Zweifelsfall macht es die Masse…

„Nach Johannisthal bitte!“

BAM!

Da war sie endlich: Die erste Tour über 10 €. Ja mehr noch! Fast schon 20! War ein ganz nettes Pärchen, die sich noch damit begeistern lassen konnten, dass der Rollator ungefaltet in den Kofferraum passt. Hervorragend! Super Tour!

Wenn nicht…

…ja wenn nicht…

…wenn nicht binnen einer Minute zu riechen gewesen wäre, dass er sich offenbar gepflegt in die Hose geschissen hat. Ich möchte gar nicht über ihn herziehen! Ich kenne die Gründe nicht, und da das Auto sauber blieb, nehme ich stark an, dass er mit Windeln oder dergleichen vorgesorgt hatte. Folglich wahrscheinlich eher Krankheit, Alter, das Übliche. Und ja: Auch das sind Kunden – und auch die bringe ich ans Ziel!

Aber was hab ich eigentlich verbrochen, damit ausgerechnet die einzige lukrative Fahrt, die einzige, die länger als 5 Minuten gedauert hat, die einzige wirklich gute Tour an dem Abend ausgerechnet mit einem Kunden sein musste, der ein derart „erdiges“ Aroma verströmt, dass ich mir irgendwie die kotzende Gattin von letzter Woche zurückgewünscht habe? Einfach nur so, weil’s besser riecht…

Kann ja nicht nur gute Tage geben…

Würdiger Abschluss

Wie inzwischen wohl jeder weiss fahre ich stumm. Ich hab den Funk nicht an und mir fehlt dabei voerst auch nichts. Klar, die ein oder andere Fahrt würde bisweilen sicher zusätzlich dabei rausspringen, aber wenn ich mich so umhöre, liege ich zumeist gar nicht so schlecht im Schnitt unter den Kollegen.

Weswegen aber mache ich das eigentlich? Naja, das hat wohl ein bisschen mit meinem langjährigen Job im Behindertenfahrdienst zu tun. Ich genieße es noch immer wahnsinnig, dass ich im Taxi die Freiheit habe, eigentlich nie unter Zeitdruck zu stehen. Ich kenne mich in Berlin noch nicht so gut aus wie manch altgedienter Kollege, und ich bin ganz froh, dass es bei den Fahrten bei einer Zielsuche bleibt, und ich nicht auch noch den Start erst finden muss. Insbesondere damit habe ich schon sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Ich finde es einfach angenehm, dass beim Taxifahren in der Regel keine dritte Partei mit drinhängt. Ich fahre meinen Fahrgast, und falls es wirklich mal den ein oder anderen Ärger geben sollte, dann kann ich das eigenverantwortlich angehen. Die Erwartungen Dritter bezüglich Zeitpunkt, Fahrzeug, Fahrer etc. erfüllen zu müssen, liegt mir einfach nicht.

Dennoch konnte ich nicht Nein sagen, als mein Lehrer in Sachen P-Schein und heutiger Kollege mich am Freitag anrief und mich fragte, ob ich nicht eine Fahrt am frühen Sonntag morgen übernehmen wolle. Eine Reisebüro-Fahrt, lohnend zudem: Es ginge von Grünau zum Ostbahnhof.

„Na das wäre doch ein schöner Schichtabschluss!“,

dachte ich mir so und willigte ein. Die Fahrt ging natürlich auf Coupon, und es sollte noch recht kompliziert werden, bis wir es geschafft haben, uns im belebten Wochenend-Verkehr zu treffen, damit ich den Coupon und die Adressen entgegennehmen konnte. Ich hatte erst echt ein mieses Gefühl, weil der Kollege mich schon darauf hingewiesen hat, dass die eine Straße im Stadtteil zweimal existiert und ich unsicher war, ob mein Navi das im Zweifelsfall blickt. Sollte aber keine Probleme geben.

Sogar zeitlich hat die Tour gut gepasst, und ich konnte sie prima unterbringen. Vier Rentner aus verschiedenen Ecken des Südwestens [Südosten – Danke Aro] fuhr ich dann morgens gegen 6 Uhr zum Ostbahnhof, und zudem war die Tour lukrativer als gedacht. Mit 25 € hatte ich gerechnet. Dass es aber letztlich knapp über 40 werden würden… nice! Zumal die Nacht davor ja auch gut lief, und ich in 7 Stunden schon fast 200 € eingefahren hatte.

Und nun hatte ich zum Abschluss vier strahlende Rentner der höchsten Zufriedenheitsstufe pünktlich am Bahnhof, und drei Euro Trinkgeld gab es sogar auch noch. Beschweren kann ich mich nun wirklich nicht. Hat den Freitag mit der Kotzerei wenigstens ein bisschen ausgeglichen.

Gut gelaufen

Warum kann es nur nicht jeden Tag so laufen wie am Wochenende? Alleine das Wissen, dass überall eine Fahrt lauern könnte, macht es schon psychologisch spannender, auch mal in unbelebtere Gegenden zu fahren.

Die Samstagsschicht hat super angefangen, aber nach 3 Stunden zeichnete sich ab, dass es doch nicht so ganz optimal lief. Die Standzeiten waren teilweise einfach unnötig lang. Der beste Lauf dieses Wochenendes begann wie so oft am Ostbahnhof und der erste Kunde wollte nach Oberschöneweide. Super, gleich mal 17 €! Schon auf dem Hinweg sah ich in Oberschöneweide eine Gruppe Jugendliche, die wie so viele Verzweifelte selbst besetzte Taxen heranzuwinken versuchten, indem sie sich in erpresserischer Weise mitten auf der Fahrbahn postierten. Das kann ich gar nicht ab – wozu haben wir beleuchtete Dachschilder?

Dann wurde ich auf dem Rückweg schon 200 Meter früher herangewunken, woraus sich allerdings keine Fahrt entwickelte, da mir 10 € zum Matrix von dort aus schlicht zu wenig sind. Vor allem meinem Taxameter ist das zu wenig. Also doch die Kiddies. Die standen immer noch da und suchten tatsächlich auch noch nach einer Großraumtaxe. Kaum dass ich da war, waren sie auch gar nicht mehr so unsympathisch. Zudem führte mich die Tour an mehrere Ziele und über Rummelsburg, den Bahnhof Lichtenberg und Friedrichsfelde Ost bist fast nach Biesdorf. Zack, 22 €!

Auf meinem Rückweg gen City hab ich auf der Frankfurter Allee ein paar Gestalten eingesammelt, die zum Matrix wollten. Ein Zehner mehr! Ich habe mir am Stand kurz eine Zigarette gegönnt, bin dann aber weiter. Nach 100 Metern an der Schwulen- und Lesben-Bar wurde mir eine angeheiterte und witzige Frau ins Auto gesetzt, die ich mal eben nach Tegel fahren sollte. Bingo, 22 €! Als ich dort wieder weg bin, waren gerade mal eine Stunde und 15 Minuten vergangen.

So stellen sich Kunden wahrscheinlich den Alltag beim Taxifahren vor. Wenn es nur auch unter der Woche so wäre 🙁

Mein erstes Mal…

Das erste Mal Sex ist ja eine sehr komische Sache. Wenn man es mal nüchtern betrachtet. Man wird zumeist relativ überraschend mit fremden Körperflüssigkeiten vertraut gemacht, in der Regel geht es schneller als man denkt – aber selbst wenn man ein paar Stunden insgesamt Spaß daran hat, dann merkt man zumindest, dass man dabei schneller ins Schwitzen kommt, als man es sich selbst ausgemalt hat. Und man hat es sich verdammt oft ausgemalt…

Naja, ganz so blöd, ausgerechnet hier über mein erstes Mal Sex zu schreiben, bin ich dann auch nicht. Aber alle oben genannten Punkte treffen auch auf kotzende Fahrgäste im Taxi zu – und genau das hatte ich heute das erste Mal. Juhu!?

Naja, ich bin an und für sich hart im Nehmen und ich hab in meinem Leben annähernd so vielen Leuten beim Kotzen beigestanden wie ich selbst in die Schüssel brüllen musste. Bis auf meines Wissens zwei Ausnahmen wurde dabei nie unbeabsichtigt irgendein Gegenstand in Mitleidenschaft gezogen. In oder aus einem Auto zu kotzen wäre das letzte, was ich tun würde. Ich wäre da der Pragmatiker, der sich kurzerhand ins eigene Hemd kotzt und sich darüber freut, dass der Rest des Heimwegs wenigstens warm ist…

Nicht so die Dame heute. Sie und ihr Gatte haben schon beim Einstieg angemerkt, dass sie sehr betrunken sind, und ich denke nach obiger Einleitung brauche ich dem keine gesonderte Bestätigung aussprechen. Es war eine lange Tour, an der ich allerdings dann doch nicht die Freude hatte, die ich sonst an 25€-Touren habe.

Dass die werte Frau es nicht mehr geschafft hat, sich zu melden, sei ihr verziehen. Genau genommen war sie seit dem Einstieg zu nicht einer Reaktion fähig. Dass sie am offenen Fenster hing war verdächtig, aber ich hab auch angemahnt, Bescheid zu sagen, wenn was nicht stimmt. Oder wenn ich meinen Fahrstil eventuellem Unwohlsein anpassen sollte.

Naja, irgendwann kamen dann die typischen Geräusche, die ich jetzt gar nicht erst versuche, wiederzugeben.

Ich überspringe jetzt einfach ein paar Details, die ich gerade selber zu verdrängen versuche und konzentriere mich auf das Ende. Sie hat es nämlich leider nicht geschafft, wirklich aus dem Fenster zu kotzen, sondern ihr Abendmahl (das in einigen Bestandteilen leider noch erkennbar war) sowohl auf die Innen-, als auch auf die Außenseite der Fahrzeugtüre zu verteilen. Der Profi ahnt hier bitteres: Bei modernen Fahrzeugen gibt es auch noch ein dazwischen.

Ob ein Auseinandernehmen der Tür nach der zweistündigen Putzaktion noch nötig sein wird, hat sich mir im Dunkeln mit leicht paralysierten Geruchsnerven nicht mehr erschlossen – ich hoffe allerdings, dass es sich vermeiden lässt.

Dem männlichen Part der schwankenden Beziehungskatastrophe in meinem Fond kann man immerhin eine gewisse stoische Gelassenheit attestieren. Das mag daran liegen, dass Geld nicht wirklich eine Rolle spielen sollte (er hat ein gewisses Renommé), aber über mangelnden Einsatz kann ich mich nicht beschweren. Zu Hause angekommen hat er sich erst einmal Putzzeug geschnappt und mit einer – leider mehr als dürftigen Grundreinigung begonnen. Die Zeit habe ich dann genutzt, um einen kleinen netten Text zu schreiben, unter den er dann seine Unterschrift setzen konnte, sodass ich die Hoffnung habe, dass auch die Folgekosten geklärt werden. Und die werden ordentlich… so oder so.

Ich hab ihn deswegen zunächst auch nicht um einen angemessenen Betrag erleichtert, sondern mich vor allem abgesichert, da die Situation mit der Tür ja durchaus noch heiter werden könnte.

Mein Chef wird sich freuen…

Tja, und nun ist mir ausgerechnet eine Wochenendschicht völlig versaut worden dadurch, und ich kann echt nur hoffen, dass es morgen besser… ach im Ernst: Schlechter kann es ja nicht werden!

PS: Wenn man für Frechheit Geld verlangen könnte, was wäre folgender Dialog wert:

Fahrgast: „Ist das ihr eigenes Taxi?“
Sash: „Nein, ich bin Angestellter.“
Fahrgast: „Na dann ist es ja nicht ganz so schlimm…“

?

Was war das denn eben?

Das beschreibt ziemlich gut die Gedanken unmittelbar nach dem endgültigen Aussteigen meines ersten Fahrgastes während der vergangenen Schicht. Wenige Minuten nach dem Losfahren am Straßenrand bei der O²-World eingesammelt, stürzte die Absurdität betrunkener Gedankengänge wasserfallartig in mein Taxi.

Der Kunde dürfte in meinem Alter gewesen sein und begann, während er sich in den Beifahrersitz fallen lies, in einer mir unverständlichen Sprache draufloszureden, mischte das aber mit bekannten Worten und als ich ihn fragte, wo es denn hingehen sollte, entgegnete er mit großen Augen:

„Du bist Deutscher?“

„Ja, bin ich…“

Das ist eine Scheiß-Frage! Immer wieder. Es mag ja sein, dass ein Großteil der Taxifahrer in Berlin seine Wurzeln in irgend einem anderen Staat hat, es ist mir aber immer wieder unbegreiflich, wie sich manche Fahrgäste – natürlich ohne „was gegen Ausländer“ zu haben, darüber freuen können, dass sie bei mir im Auto sitzen. Solche Gespräche würge ich entschlossen und schnellstöglich ab und lasse nie auch nur den geringsten Zweifel daran, dass ich der festen Überzeugung bin, dass die meisten nichtdeutschen Kollegen hervorragende Arbeit machen, und man die schwarzen Schafe leider nicht an der Nation festmachen könnte – und ich sowohl assige Deutsche als auch vorbildliche Türken als Kollegen kennengelernt habe. Lediglich beim Thema Sprachprobleme bin ich bereit zu akzeptieren, dass gewisse Standards erwartet werden können.

Aber gut, das sollte gestern gar kein Thema werden. Der Kerl laberte erst einmal weiter, und zwar etwa wie folgt:

„Ja, zum Cookies, also Friedrich-Charlotten, Äh Alexander-Dingsbums…“

„Cookies? Friedrichstr. Ecke Unter den Linden?“

(Diesen Absatz überlesen jetzt die zartbesaiteten Seelen unter meinen Lesern am besten)

„Ja genau. WOW! Perfekt!!! Aber erst müssen wir auf meinen, ich meine dieses assige Spanier-Arschloch, diesen Pisser – also das kranke Wichser-Opfer da vorne… also dieser Gehirnamputierte Schwachmat muss auch noch mit!“

(Hier weiterlesen! Er hat nur etwas umständlich ausgedrückt, dass sein bester Freund noch mitfahren will)

Ich folgte seinem Blick und meiner blieb an einer schwankenden Gestalt hängen, die gerade dabei war, beim Pinkeln möglichst der flüchtenden Laterne hinterherzueilen, um sie mit dem warmen Strahl aus seinem Gemächt zu beglücken. Relativ unspektakulär fiel er ins Auto, und wir waren recht bald auf dem Weg.

Nach rund hundert Metern wollten sie Kurzstrecke fahren und glaubten meinen Beteuerungen nicht, dass es mir weder möglich wäre, noch auf Kurzstrecke umzuschalten, noch dass es so oder so nicht reichen würde. Aber: Kein Problem.

Ab hier verabschiedeten sich die Sinne meines Beifahrers völlig, denn nun kam wirklich nur noch Gestammel aus seinem Mund, das bei seiner Entstehung Neuronen nur aus der Entfernung gesehen haben kann. Ich wurde auf absurd freundliche Art bezichtigt, kein Deutscher zu sein. Dazu wurde ich auf kroatisch und italienisch zugelabert, und alles was ich auf meine Nicht-Reaktionen oder gar auf Verneinungen zum Thema zu hören bekam, war ein kurzer Abriss über türkische Marktverkäufer und die Taktik des Sich-einer-Sprache-Verweigerns. Und dass ich Italiener bin. Logo.

Nach einem Kilometer „durfte“ ich dann kurz anhalten, damit er seinem Kumpel hinten „eins in die Fresse geben“ kann. Hier war der Punkt, an dem ich für einen kurzen Moment fast die Beherrschung verloren hätte. Wenn er seinen Kumpel ernstlich geschlagen hätte, wäre die Fahrt hier beendet gewesen. Punkt. Das sich mir nun im Fond bietende Bild hatte aber eher einen komischen Anstrich, zudem wurde mir bewusst, dass bei aller naiven Brutalität des Sprachgebrauchs wesentlich wahrscheinlicher war, dass die beiden binnen der nächsten 5 Minuten zu kopulieren beginnen, als dass sich ernstlich jemand Verletzungen zuzieht.

Also gute Miene zum bescheuerten Spiel: 10 € sind 10 €!

Die Weiterfahrt erfolgte noch bevor das Taxameter in den Wartezeitmodus geschaltet hat. Den folgenden knappen Kilometer versuchte er mir zu erklären, warum dieser Depp hinter ihm wichtiger als seine Freundin ist, obwohl er nicht schwul ist. Die Kernaussage lässt sich völlig unsinnig damit zusammenfassen, dass eben erst die Familie, dann der Schwachmat und zuletzt „ist mir egal“ kommt. Herzlichen Glückwunsch an die Lebensgefährtin mit dem komischen Namen!

Ach so, er hat mir als Rückgriff auf die Kurzstreckendebatte („Du willst keine Kurzstrecke machen, gib’s zu!“) auch noch einen Batzen Geld (geschätzte 500 bis 1000 €) unter die Nase gehalten, um zu zeigen:

„…dass wir solvent sind. Solvent! Verstehst du?“

Ich hatte eigentlich vor, über Unter den Linden zu fahren, aber am Molkenmarkt wurde ich höflichst gedrängt, doch links abzubiegen. Meinetwegen. Soweit ich weiss, schenkt sich das zumindest auf dem Taxameter einen dicken Nullinger, aber der Kunde – und ist er noch so doof – ist König! An der Ampel verbrachten wir dann rund eine Minute, was ausgiebig dazu benutzt wurde, einen anderen Autofahrer nach dem Weg zu fragen – was ich in Anbetracht der Tatsache, dass ich den Weg kenne, für ziemlich unverschämt halte. Schließlich kann man Routenvorschläge besser mit mir selbst klären, zudem lege ich es auch nicht darauf an, von anderen Autofahrern als Idiot betrachtet zu werden, der den Weg nicht kennt. Aber gut, das Duo war so verquer mit seinen Aussagen und verstieg sich bald darauf in italienische Beleidigungen des echt überfordert wirkenden sympathischen Verkehrsteilnehmers, dass wahrscheinlich alle Beteiligten froh waren, als die Ampel endlich grün wurde.

Dann folgte eine – für ihn offenbar kreischend komische – Abhandlung darüber, wie man den Namen Thomas als Schimpfwort gebrauchen kann.

Kurz nachdem ich von der Leipziger in die Friedrichstr. – ganz nach Geheiß der beiden Logikbomber im Gepäck – abgebogen war, stieg der „Spanier“ aus. Aber die Fahrt sollte damit noch nicht zu Ende sein.

Mein Beifahrer leitete mich an, zum Hintereingang des Cookies zu fahren.

„Hintereingang?“

„Ja, hat doch zwei Eingänge…“

OK, so gut kenne ich mich nun nicht aus – und man lernt ja gerne was neues kennen. Links in die Behrenstr., hinter dem Westin Grand rechts, nochmal rechts… und man steht in einer tiefgaragenartigen Lieferanteneinfahrt. Toller Zweiteingang. Er hat mich dann sogar nochmal zurücksetzen lassen, damit ich ihn ja nicht 5 Meter vom Eingang entfernt absetze.

„Das macht dann genau 11 €!“

„Warte mal… hab ich nicht!“

„Ich kann auch wechseln…“

Lieblos schmiss er einen Fuffi auf den Beifahrersitz. Einen Euro hatte er natürlich auch nicht, und so war ein Großteil meines Wechselgeldes mit der ersten Tour bereits weg. Und das ohne Trinkgeld – super!

Ich wende also in der Einfahrt, und bevor ich das vollbracht habe, steigt er auch wieder ein und meint:

„Bring mich mal zum Haupteingang!“

„Ey bitte, was soll das denn jetzt?“

„Ach komm, ich hab dir 13 € gegeben…“

„Nein, du hast mir 11 € gegeben – genau passend!“

„Ach so… warte: Ich geb dir 13! Bring mich mal zum Haupteingang!“

Das Taxameter war bereits aus, und da ich weder auf die 2 € verzichten wollte, noch Lust auf große Diskussionen mit diesem Dialoggenie hatte, hab ich ihn gegen die Aushändigung einer meiner beiden Wechselgeldmünzen also aus der Garage die 100 Meter ums Eck gefahren. Wenn’s hilft…

Ja, und dann stand ich da. Friedrichstr. Ecke Unter den Linden und fragte mich:

„Was war das denn eben?“

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Wieder im Geschäft!

So, die Tage des Herumlungerns sind vorbei!

Ich bin zwar die letzte Nacht nicht wirklich eine komplette Schicht gefahren – habe aber immerhin einen kompletten Schichtumsatz 🙂

Montage sind ja nicht so wirklich meine Lieblingstage, und das ist definitiv berufsbedingt. Einen so irren Taxler – der sich auf Montage freut – habe ich immerhin bisher noch nicht getroffen. Und auch gestern lief es eigentlich, wie es immer läuft: In den ersten 3 Stunden exakt 2 Fahrten. Dass beide mir jeweils 30 € gebracht haben, war dabei pures Glück. Denn am Ostbahnhof kommt es zwar öfter mal vor, aber auf eine Flughafentour zu hoffen, wagt um 23.30 Uhr auch niemand mehr. Naja, und ebenso fahre ich ja gerne kleine Umwege, um an der Warschauer Str. vorbeizukommen – aber Winker nach Lichterfelde Süd sind einfach selten. Gut, in Lichterfelde selbst vielleicht weniger – in Friedrichshain schon eher. Und Montags sowieso!

Naja, ich hab jedenfalls ziemlich genau 5 Stunden gebraucht, um den obligatorischen Hunderter einzufahren, mit dem ich Montags aus Sicherheitsgründen nicht einmal rechne. Die Arbeit hat wieder mordsmäßig Spaß gemacht, und so sollte es ja auch sein.

Dann aber die letzte Tour. Ich hatte also vor, noch eine Fahrt zu machen – und wenn ich solche Ideen habe, dann bedeutet  das immer, dass ich vorher tanke, um das Auto gleich abstellen zu können – vielleicht komme ich ja mit der Tour auch näher als 4 km (die Tanke) an den Abstellplatz des Autos ran…

Gegenüber an der Bar 25 – die heute zumindest offiziell das letzte Mal auf hat – war taxenmäßig die Hölle los, und das sicher nicht zu Unrecht. Ich hab dort gewendet und – das passiert schon öfter – wurde prompt rausgewunken. Das ist eine der typischen Verwurstungen der Kurzstreckenregelung: Kunden, die nur eine Kurzstrecke wollen, kommen – wenn sie sich auskennen – ja gar nicht auf die Idee, einen stehenden Kollegen zu fragen, ob er sie fährt, sondern halten gleich einen vorbeifahrenden Wagen an. Die Kollegen wiederrum bekommen so natürlich gar nicht mit, dass es um eine Kurzstrecke geht und sind natürlich bisweilen verärgert, weil die Kunden nicht bei ihnen einsteigen. In dem Fall halte ich das allerdings für das Beste, das zu ignorieren – gerade wenn derart viele Wagen an einer „Halte“ stehen wie heute Nacht. Aber gehupt wurde natürlich trotzdem!

Was soll’s? Wenn Kunden dabei sind, brauche ich mir keine Viertelstündige Diskussion darüber liefern – und die Regelung ist ja schließlich auch nicht dazu da, dass Kunden in der Nähe einer Halte keine Kurzstrecken mehr fahren dürfen.

Im Nachhinein betrachtet, war es heute dennoch mies. Denn der Kunde wollte grob in meine Richtung: Richtung Ostkreuz – bis die Kurzstrecke vorbei ist. Während der Fahrt hat er sich dann allerdings entschieden, doch noch weiter zu fahren, was dann dazu führte, dass ich eine eigentlich recht respektable 10€-Tour hatte. Und einen kurzen „Heimweg“. Naja, konnte ich ja auch nicht vorher wissen – wenn es der Kunde schon selbst nicht weiss…