Taxi-Dialoge (7)

Fahrgast: „Wie spät ist es jetzt? Eins?“

Sash: „Ja, 0:56 Uhr ganz genau genommen.“

Fahrgast: „Puh, da bin ich ja so gut wie geschieden…“

Diese Scheiss…

Fahrradfahrer! So könnte ich den Artikel übertiteln, wenn ich daran interessiert wäre, Zwietracht zu säen. Bin ich aber nicht!

Ich will nicht leugnen, dass mir in meinem Beruf Fahrradfahrer oftmals auf die Nerven gehen. Aber das ist zu kurz gegriffen! Denn ebenso wenig, wie ich als Taxifahrer unter „die Taxifahrer“ subsummiert werden möchte, nur weil Kollegen mal wieder Privatrennen fahren oder sich assig verhalten, so wenig werden das die meisten Führer von unmotorisierten Zweirädern wollen.

Insofern möchte ich klarstellen, dass ich Fahrradfahrer nicht grundsätzlich als dämlich einstufe, sie hasse oder ihnen die Pest an den Arsch wünsche. Manche allerdings legen es echt darauf an.

Ich bin kein aggressiver Autofahrer. Ich habe seit ich Taxi fahre (immerhin inzwischen ein halbes Jahr) meine Hupe noch nicht einmal verwendet. Na gut, ich bin mal versehentlich draufgekommen. Ich reagiere zu 99% sehr sehr gelassen, wenn irgendwer eine gefährliche Situation im Straßenverkehr verursacht. Ich mache selbst gelegentlich Fehler – und davon gehe ich zuallererst auch bei anderen aus. Sowas kommt vor, und so lange nichts passiert, ist doch alles in Ordnung!

Ob statistisch gesehen mehr Radfahrer oder Autofahrer sich danebenbenehmen, weiss ich ebenfalls nicht. Ich denke eigentlich, dass die Autofahrer beim Misachten der Verkehrsregeln vorne liegen – wie viele Vergehen davon allerdings geringfügige Geschwindigkeitsübertretungen einnehmen, ist vielleicht die andere Frage.

Was mich stets nervt, das sind die vorsätzlichen Vergehen. Ich bin zwar ein kritischer Mensch im Bezug auf Gesetze und Rechtssprechung – aber bei den wenigsten Regelungen lassen sich so konkret Sicherheitsgewinne benennen wie bei der StVO. Ich kann allen kritischen Lesern garantieren: Wenn sich die Menschen im Verkehr benehmen würden wie meine Wenigkeit, dann bräuchten wir 90% der Regeln nicht. Ist mir ehrlich gesagt egal, ob ihr das glaubt – aber ich schreibe das nicht, um mich zu profilieren. Nur zur Erklärung. Ja, ich habe in meinem Leben auch im Verkehr schon Scheisse gebaut. Ich bin schon besoffen Auto gefahren und ich bin schon gerast. Ich habe schon einmal das Rotlicht misachtet und habe schon Leuten die Vorfahrt genommen. Ich bin kein Engel. Und ich bin sehr froh, dass ich damals nicht erwischt worden bin, und mir damit heute vergönnt ist, den geilsten Job der Welt zu machen.

Möglich, dass es sich bei den von mir so verfluchten Idioten auch ausschliesslich um Menschen in ihrer Selbstfindungsphase handelt. Aber es ist unwahrscheinlich.

Radfahrer sind im Vergleich zu anderen Verkehrsteilnehmern die verletzlichsten. Das gebietet natürlich bei den anderen zu besonderer Vorsicht. Diesem Grundsatz stimme ich uneingeschränkt zu, und ich tue mein bestes, um diesem Anspruch gerecht zu werden. Aber es ist unglaublich enervierend, ständig Radfahrer zu sehen, die ohne Licht unterwegs sind, achtlos über rote Ampeln fahren oder einen mal spontan rechts überholen, während man gerade anfährt. Zudem habe ich – bei allem Respekt – kein Verständnis dafür, dass manche unbedingt auf der Straße fahren müssen, während 20 cm entfernt ein Radweg existiert. Denn natürlich dürfen Radfahrer auf der Straße fahren und natürlich müssen sich Autofahrer darauf einstellen, dass auch langsamere Verkehrsteilnehmer unterwegs sind. Aber warum muss man auch noch künstliche Konfliktsituationen schaffen?
Was würde wohl passieren, wenn ich plötzlich der Meinung wäre, mein Taxi würde auf dem Gehsteig doch ebenso gut fahren?

Ich bin mit Sicherheit nicht einer von denen, der Radfahrer in Gefahr bringt – aber ich frage mich manches Mal, ob den Radlern selbst der Blick für die Gefahr völlig verloren geht. Und ob sie sich bewusst sind, dass sie damit – wie Autofahrer auch – nicht nur sich selbst gefährden. Wenn ich irgendwann eine radfahrende Nachteule ohne Licht übersehe und über den Haufen fahre, dann ist mein Auto im Arsch, mein Schein – und damit meine berufliche Zukunft  – dahin. Das ist nicht viel im Vergleich zur Lebensgefahr auf der anderen Seite, aber doch auch nicht zu verachten. Außerdem könnte das ein oder andere gewagte Ausweichmanöver meinerseits auch unter den motorisierten Verkehrsteilnehmern für Tote sorgen.

Mobilität ist was wunderbares, und ich als Autofahrer kenne natürlich auch die Faszination, die mitunter damit einhergeht. Ich kenne den Adrenalinkick vom schnellen Fahren, und ganz abgesehen davon habe auch ich es schon eilig gehabt, und war der Meinung, mein Anliegen sei jetzt nunmal wichtiger als der Rest der Welt. Aber eigentlich kann Verkehr so nicht funktionieren! Meistens klappt es, weil der überwiegende Teil der Fahrer durchaus wach ist und schnell reagieren kann, wenn mal was schief läuft. Ich selbst habe im Laufe der vergangenen 7 Jahre (so lange habe ich den Führerschein) mindestens 20 mal alleine durch mein Verhalten einen Unfall verhindert. Da waren harmlose Dinge dabei, aber auch Situationen, in denen die Wahrscheinlichkeit, dass jemand stirbt, enorm waren. Als Berufskraftfahrer bin ich mir dessen bewusst – so wie auch ein Bombenentschärfer weiss, was ein Fehler bedeuten kann. Nur: In meinem Umfeld sperrt niemand sicherheitshalber alle Unbeteiligten weg.

Deswegen, liebe Radfahrer:

Achtet bitte auch darauf, verkehrsgerecht zu fahren! Unfälle nur nach der Schuldlage zu bewerten, ist unsinnig! So wie ihr Rücksicht seitens der Autofahrer fordert, kann ich sie auch von euch fordern! Und da spielt es keine Rolle, ob man schon einmal von der „Gegenseite“ mies in Bedrängnis gebracht wurde. Im Verkehr gilt doch eigentlich – ebenso wie in der Gesellschaft an sich – dass man es nicht allen anderen mal zeigen muss, nur weil man selbst von einem einzelnen mal scheisse behandelt wurde. Wir wollen alle nur möglichst schnell und sicher ans Ziel kommen – Kämpfe können wir woanders ausfechten!

Aro hat übrigens vor einiger Zeit auch was dazu geschrieben.

Wie ich den Ferrari versägt habe…

Als Taxifahrer steht man ja ständig unter Beobachtung. Leider meist eben nicht durch potenzielle Kunden – aber natürlich auch das. Dennoch beobachten noch einige andere Leute Taxen gesondert. Zum einen wurde mir ja bereits von der Polizei versichert, sie hätten auf uns ein besonderes Augenmerk gerichtet, zum anderen stellen wir für viele Verkehrsteilnehmer nicht nur Hassobjekt, sondern auch Leitfigur dar.

Ich bemerke wirklich oft auf den nachtleeren Straßen von Berlin, wie das ein oder andere Auto im Rückspiegel herangeschossen kommt, um dann hinter mir behutsam zu bremsen, und den Fahrstil fortan meiner Wenigkeit anzupassen.

„Oh, der Taxifahrer fährt sicher so langsam, weil hier ein Blitzer steht!“

Diese Gedanken scheinen einige Autofahrer da draussen umzutreiben, wenngleich es zumindest in meinem Fall eine Fehleinschätzung ist. Ich fahre nämlich nicht nur eines Blitzers wegen überwiegend regelkonform. Natürlich würde ich nachts gerne auch mal mit 80 über die Landsberger Allee brettern, anstatt mich an die 50, bzw. 60 km/h zu halten. Aber die eigentlich gesunde Mischung aus dem Wissen, dass ich selbst und auch andere nicht unfehlbar sind, sowie die Angst um die teuer erworbenen Fahrberechtigungen von denen meine berufliche Zukunft abhängt, hindern mich daran, es zu übertreiben.

Vorgestern hatte ich jedenfalls so einen Kandidaten in einem F355. Der kam hinter mir angeschossen und drosselte seine Geschwindigkeit auf dem Tegeler Weg bis auf meine 55 km/h (50 sind erlaubt). Er fuhr nicht hinter mir, sondern neben mir, und so habe ich mir erlaubt, zu testen, wie weit er mit seiner Kiste mitgehen würde. Bis 40 km/h ist er mit mir zusammen runtergegangen. Respekt! Das ist bei so einer Kiste wahrscheinlich erster Gang, oder?

Und dann habe ich ihn an der Ampel mit Vollgas abgezogen (natürlich nur bis etwa 50 km/h), und er hat sich nicht getraut, vorbeizuziehen 🙂 Erstaunlich, wie gut das bei manchen funktioniert… schade eigentlich, dass ich abbiegen musste, und er nicht. Ich würde gerne mal wissen, was passiert, wenn ich mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Nacht rase, und dann unvermittelt scharf abbremse. Jede Wette: Selbst der dämlichste Vollproll würde wohl mitbremsen.

Naja, eigentlich sollte ich froh sein, mit vorbildlichem Verhalten wenigstens für diverse Sekunden die Sicherheit auf den Straßen erhöhen zu können – aber mich erschreckt dann doch eher, was für ein Rudelverhalten Autofahrer an den Tag legen. Wie soll das denn laufen, wenn ich versehentlich in einen Fluß stürze? Wahrscheinlich so:

„Aus bisher ungeklärter Ursache sind gestern 28 Fahrzeuge in Berlin von der Fahrbahn abgekommen und in einen naheliegenden Fluß gestürzt…“