Rosinenpicker

Ein „Kollege“ mit Bus heute Nacht am Sisyphos lehnte eine kurze Großraumtour mit 6 Leuten zum Ostkreuz ab. Das wären 9,80 € Umsatz für 10 Minuten (!) Warten, 4 Minuten Arbeit und 3 Minuten Rückweg. Das heißt: Hätte der arme Fahrer den ganzen Abend nur solche „schlechten“ Fahrten an diesem Club gefahren, hätte  er über 30 € Stundenumsatz und einen Kilometerschnitt von mehr als 2 € gehabt.

Wenn man sowas noch ablehnt, weil’s zu mies ist, muss das Geschäft aber eigentlich so gut laufen, dass man andersrum gefälligst auch mal eine kurze Fahrt annehmen sollte. Schätze, alle Logik weist darauf hin, dass der Kollege entweder ein Idiot oder ein noch viel größerer Idiot ist. -.-

Ich hab mich über die Tour gefreut, und Umsatz und Schnitt waren blendend gestern.

Paris, anyone?

Wenn man als Taxifahrer mal wieder so richtig Honig um die Lippen geschmiert bekommen will, sollte man Pariser fahren. Franzosen haben zwar den (teilweise) berechtigten Ruf, etwas trinkgeldfaul zu sein, aber die, die direkt aus Paris kommen, die sind so voll des Lobes, das glaubt man kaum. Dass sie mal freundliche Taxifahrer finden, dass wir anhalten, wenn man uns ranwinkt, und und und …

Laut denen ist Paris das letzte Loch, in dem nur Arschlöcher Taxi fahren. Dementsprechend leicht hat man’s, hier gut rüberzukommen. 🙂

Nun ist da zum einen sicher viel Übertreibung dabei, zum anderen spielt natürlich auch die regionale Ausgestaltung des Gewerbes eine Rolle, wenn es um die Qualität der Taxifahrer geht. Ich möchte mich den Vorurteilen deswegen nicht bedingungslos anschließen, sondern mal fragen, oben irgendwer von Euch schon mal in Paris Taxi gefahren ist oder gar einen Fahrer von dort kennt. Mein Französisch ist echt ein bisschen zu sehr eingerostet, um im Internet groß auf Recherche zu gehen. Falls also jemand Ahnung vom Gewerbe dort hat, freue ich mich über alle Infos. Und wenn es nur ist, um den nächsten Touris was erzählen zu können. 🙂

Der Fahrgast, der mich letzte Woche auf die Idee brachte, hat mir erzählt, dass er niemals seinen Wohnbezirk angibt, wenn er ins Taxi steigt, sondern immer den Nachbarbezirk mit dem besseren Ruf, weil die Fahrer ihn wieder rausschmeißen würden, wenn er die wirkliche Adresse zu Beginn ansagt. Da beschwere sich wirklich nochmal einer über grummelige Berliner!

Ich freue mich auf Kommentare, aber bitte nicht pauschal verletzend werden. Selbst wenn es in Paris im Großen und Ganzen so schlimm sein sollte, gibt es auch da bestimmt nette Kollegen, denkt daran.

Wertschätzung

Mein Chef hat mal gesagt, wir müssten der Kundschaft zeigen, dass es das wert ist, dass sie bei uns das zigfache eines Straßenbahntickets hinblättern für die selbe Fahrt. Was natürlich schwierig ist, wenn die Fahrgäste gleich mit dem Preis ins Haus fallen. In dem Fall ist die Kundschaft eher aus dem Haus – dem Sisyphos – ins Taxi gefallen. Und sagte:

„Machste auch Kurzstrecke zum Ostkreuz?“

Ihr wisst, dass ich das vom Stand aus nicht tue. Auch nicht von improvisierten Ständen nachts vor Veranstaltungen. Im Gegensatz zu Kollegen, die außer einem „Verfatz‘ da!“ nix dazu zu sagen haben, liegt mir jedoch etwas daran, dass die Kunden das verstehen. Es ist ja auch nicht schwer: Die Kurzstrecke ist ein vergünstigter Tarif, den wir dafür gewähren, dass wir für die Tour keine Wartezeit oder Anfahrtskosten auf uns nehmen mussten. Ich hab mir da schon „Fick Dich!“ anhören dürfen, bin der Lüge bezichtigt worden, was Menschen halt so machen, wenn sie mal eben 3 € sparen wollen. In dem Fall war es glücklicherweise anders.

„Nein, tut mir leid. Nicht vom Stand, ich hab ja nun schon auf die Fahrt gewartet.“

„Was macht das dann?“

„Genau 6,80 €. Ist bei der Strecke ungünstig, ich weiß. Aber …“

„Ach, dafür bist Du ja auch ein netter Fahrer. Is‘ schon ok.“

Ich hab dann noch erfahren, dass der nette Kollege auf dem Hinweg, obwohl rangewunken, die ganze Zeit nur gemeckert hätte. Gut, da musste ich offensichtlich nicht viel tun, um positiv aufzufallen.

„Weisste, is‘ ja eigentlich entspannt. Ihr müsst auch von was leben, also machste auf jeden Fall mal 8 €, ok?“

Vier oder fünf ehrliche, freundliche Sätze. Und plötzlich war die nervige Taxifahrt eine angenehme, die mal eben 60 bis 100% mehr Geld wert war.

Ja, ich hatte auch schon Idioten im Auto, die die Diskussion nicht wert waren. Aber bevor ich mir solche Kunden wie oben vergraule, traue ich mich doch tatsächlich, auch mal ein Lächeln aufzusetzen.

Taxi-Betrüger vor Gericht

Mehrere Leser und mein News-Ticker haben es ausgespuckt: Derzeit steht einer der mutmaßlichen dreisten Abzocker von Tegel vor Gericht. Karge Tageseinnahmen wie seine Kollegen wird er wohl kaum zu befürchten gehabt haben, denn seine Preise pro Tour waren eher so das, was bei mir als Schicht- oder gar Wocheneinnahme läuft.

Sollten sie den richtigen erwischt haben, freue ich mich natürlich. Er – und offenbar ja auch noch ein paar andere „Kollegen“ – haben ja eine ganze Weile lang für negative Presse für uns Taxifahrer gesorgt. Auf der anderen Seite muss man sich auch mal anschauen, wie krass dieser Fall wirklich ist. Da geht es nicht mehr um einen Taxifahrer, der mal Fahrgäste abgezockt hat, sondern um einen Abzocker, der zufällig ein Taxi zur Verfügung hatte. Der Kerl hätte es wahrscheinlich auch an einer Supermarktkasse zum Spezialfall geschafft.

Wer noch ein paar aufregende Grammatikfehler entdecken will, sei auf den Artikel des Tagesspiegels eingeladen.

(Nachtrag: Ui, inzwischen ist wohl das meiste korrigiert.)

Es gibt so Tage …

Ich bin ja wirklich der letzte, der auf der Straße Streit sucht. Aber es gibt so Tage, da ist man von Vollpfosten und deren nahen Verwandten umgeben. Wie am vergangenen Samstag.

Angefangen hat alles mit einem Kollegen, der mir (in der Tat sehr freundlich) vorwarf, ich hätte mich am Ostbahnhof vorgedrängelt. Das Szenario genau zu beschreiben ist etwas umständlich, aber ich kann zumindest mal sagen, dass ich nicht wenig überrascht war, weil ich schon eine halbe Stunde dort anstand und mich zu diesem Zeitpunkt ganz hinten auf der letzten Rücke brav eingereiht hatte. Wie gesagt: Der Kollege war eigentlich echt nett – aber hey: er hat sich das aufgrund des Autotyps vor ihm und nicht rechtzeitigem Nachrücken mal eben zusammengereimt. Das ist schon erstaunlich wenig nachgedacht, um aufgrund dessen Alarm zu schlagen …

Nummer zwei war dann eine Winkerin. Sie hielt mich an einer roten Ampel an und fragte mich, ob ich einen Kindersitz hätte. Der Minimensch sah eigentlich eher ein wenig ZU klein für die Sitzerhöhungen aus, aber man kann ja mal gucken. Kaum, dass ich das tun wollte, hupte es ungestüm und ein weiterer Taxifahrer fuhr heran. Schon klar, da war die Tour wohl bestellt. Ich bin also hin zum Kollegen und hab ihm gleich ein „Sorry“ entgegengeschmissen, was er mit einem „Bist ja’n Scheiß-Kollege!“ erwiderte. Sehr nett. Was glaubt dieser Vollpfosten eigentlich, wie ich ihm die Fahrt hätte klauen sollen, die er über den Datenfunk der anderen Zentrale bekommen hatte?
Ich kann ja wohl schlecht an allen Winkern vorbeifahren, weil sie theoretisch auch bestellt haben könnten. 0.o

Nummer 3 war dann der theatralische Huper (dieses Mal kein Taxifahrer) auf einer komplett leeren Landsberger Allee (3 Spuren je Richtung), der es irgendwie unverschämt fand, dass ich meinen Kunden rechts am Straßenrand rausgelassen habe. Im Übrigen, ohne ihn fies auszubremsen und artig mit Blinken und so.
Manchmal frage ich mich bei solchen Leuten, wie sie als Fahrgast wohl reagieren würden, wenn ich als Fahrer sagen würde:

„Nein, tut mir leid. Ich muss leider mit ihnen um den Block zum nächsten ausgeschilderten Parkplatz fahren, da hundert Meter hinter uns ein anderes Fahrzeug sich nähert und ich nicht ausschließen kann, dass der Fahrer desselben ungerne die Spur wechseln würde, nur weil Sie hier aussteigen wollen. Kostet aber auch nur 80 Cent extra, keine Sorge.“

Wahrscheinlich wäre ich dann das vierte Mal in einer Nacht der Idiot. Aber gut, man kann es halt nie allen recht machen …

Schicksal, alte Arschkrampe!

Ich liebe es so, wenn mal alles läuft, wie es soll. Ich stand auf der Danziger, Ecke Kollwitz. Fahrtrichtung Osten. Während die Ampel noch rot war, schiebt sich ein ebenfalls freier Kollege auf die linke Spur neben mir. Kaum, dass die Ampel grün wird, drückt er das Gaspedal voll durch und zieht mir davon …

Zunächst dachte ich, er will vielleicht 100 Meter weiter links ab in die Prenzlauer Allee. Aber nix da. Er hat die Ampel einfach mal genutzt, um mich überholen zu können. Was mal unter aller Sau ist. Außer egoistischem Arschlochgeprolle gibt es nichts, was dafür spricht, sich nicht an die Regel, keine freien Taxen zu überholen, wenn man selbst frei ist, zu halten. Natürlich nerven einen auch mal Kollegen, die gefühlt zu langsam vor einem herzuckeln, aber dann ist das halt so.
Die Situation dort vor Ort ist noch dazu in anderer Hinsicht doof. Zu manchen Stunden sind die Ampeln dort so scheiße geschaltet, dass man von der Ampel an der Kollwitzstraße direkt auf die an der Greifswalder trifft, wenn sie auf Rot schaltet. Man muss auf den 100 Metern schon auf 60 oder 70 hochbeschleunigen, um sie bei der Schaltung gerade noch bei Gelb zu kriegen. Das schaffe ich zugegebenermaßen mit meinem Auto gar nicht. Oder ja, vielleicht irgendwie ganz knapp gerade so … es war mir immer zu eng, um es zu versuchen.
Was, bei allem Ärgernis übers Warten, immer noch kein Grund ist, mich zu überholen. Ich bremse schließlich auch manchmal, um mich hinter einem Kollegen einzureihen. Wäre ja noch schöner, wenn künftig die Motorgröße oder die zufällige Anfangsgeschwindigkeit über die Vorfahrt entscheidet.

Und was passierte nun?

Naja. Während ich bereits wieder runterbremste, weil die Ampel vor mir auf gelb schaltete, drückte der Kollege, inzwischen gut 30 bis 40 Meter vor mir, nochmal voll das Gaspedal seiner E-Klasse durch. Fast exakt zeitgleich mit seinem Passieren der Haltelinie reckte ein erstaunter Fahrgast am Fußgängerweg der Ampel seine Hand. Ich hab für den Hauch einer Zehntelsekunde die Bremslichter des Daimlers aufleuchten sehen. Aber der „Kollege“ sah wohl ein, dass eine Vollbremsung bei dem Tempo ihn wohl nur irgendwo mitten auf der Kreuzung ins Schleudern hätte geraten lassen. Also bin ich dem über das andere Taxi etwas irritierten Kunden entgegengefahren und habe – die Ampel war ja sowieso rot 😉 – vor ihm gehalten und ihm mit seinem Gepäck geholfen. Soll das Arschloch von Taxifahrer doch Vorsprung haben, so lange ich Kundschaft habe. 😀

Es wurde eine sehr unterhaltsame Tour zum Hauptbahnhof. Nichts aufregendes, aber 11 € plus Trinkgeld, dazu ein in Österreich lebender Amsterdamer auf dem Weg nach München mit viel Reiseerfahrung und netten Berlin-Anekdoten. Hat mir finanziell zudem bis auf 2 € an mein Tagesziel herangereicht. Manchmal zahlt es sich halt doch aus, einer von den Guten und nicht einer von den Schnellen zu sein …

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Wird schön werden …

Letzten Freitag bin ich die letzte Schicht gefahren, dann kam eine geplante freie Zeit, insbesondere des Twitter-Treffens am Samstag wegen. Sind jetzt also knapp sechs Tage, reicht aber schon aus, um wieder arbeiten zu wollen. Mal abgesehen davon, dass ich zu wenig Kundschaft für interessante Stories hatte: Meine sehr durchlässigen Arbeitswochen lassen selten dieses Gefühl entstehen, mal länger Urlaub zu brauchen. Vor allem nicht Urlaub vom Taxi. Ich bin heute zwar zu müde zum Schreiben, aber genau deswegen wünsche ich mich ein paar Stunden zurück ans Steuer. Nach dem Wochenende ist es vielleicht wieder umgekehrt: Vielleichte freue ich mich dann über die Zeit, endlich Erlebtes runterbloggen zu können.

Nicht ganz so begeistert wirkte der Kollege, der mich am Samstag nach Hause gebracht hat. Dass ich ihm vielleicht erst einmal eher schwierig vorkam, kann ich ja noch verstehen. Ich hatte gut einen im Tee und sah sicher nicht mehr ganz frisch aus. Auf der anderen Seite brauchte ich noch in keinem je erreichten Zustand mehr als zwei Minuten, um glaubhaft zu versichern, dass ich keinen Ärger mache. Und hey, zudem mal eben eine Winkertour für 20 €, manchmal sprechen ja eigentlich schon geschäftliche Gründe dafür, mal nett zu grinsen.
Hat er trotzdem nicht so wirklich hinbekommen. Antworten fielen mit „Ja“ und „Hmpf“ doch eher kürzer aus als ich es von Menschen gewöhnt bin. Ich hab den Typen am Ende in Ruhe gelassen und lieber ein bisschen vor mich hingedöst. Soll er sich doch meinetwegen grundlos Sorgen machen oder endlich Pakete ausfahren, was ich den meisten Kollegen mit der Einstellung immer wieder gerne nahelege. Ich brauch keine Bespaßung und kann sogar ruhig sein, ganz ehrlich. Aber bei Fragen nicht antworten? Echt jetzt?
Gar kein Trinkgeld zu geben hab ich mir noch nicht angewöhnt. Leider. Hat ja jeder so seine Macken. Mir bleibt also nur, hier zu lästern, dass es auch sehr leicht das Doppelte hätte werden können …

Naja, so wird es heute abend nicht laufen. Mal ruhiger vielleicht. Gerne. Aber nicht so doof, denn sowas lässt sich vermeiden, ganz ehrlich.

PS: Andreas, falls Du nur hier mitliest und auf die Antwort Deiner via Amazon gestellten Frage wartest: Hier ist der Link. Und danke! 🙂