Stephan hat mir einen Link zukommen lassen, dem nach die Mitteldeutsche Zeitung verkündet, Magdeburgs Taxen würden künftig mit Videokameras ausgestattet, der Grund wären häufige Überfälle in letzter Zeit. Stephan fragte, was ich davon halte und ob ich diese Maßnahme angemessen finde.
Das ist schwierig. Sehr schwierig. Kurz zusammengefasst würde ich sagen:
Ich persönlich halte nichts davon, kann aber nachvollziehen, dass die Magdeburger Kollegen sich diese Gedanken machen.
Ich muss bei dieser Frage natürlich ganz deutlich eines voranstellen: Ich selbst bin noch nie überfallen worden und ich maße mir nicht an, über Kollegen zu urteilen, die aufgrund einer solch traumatischen Erfahrung eine derartige Überwachung gutheißen!
Insgesamt bin ich allerdings ein Gegner von Überwachungsmaßnahmen fast jeglicher Art und glaube nicht an eine langfristig gute Bilanz des Ganzen. Natürlich haben Kameras zunächst einmal eine abschreckende Wirkung. Das kann ich selbst als Gegner nicht leugnen – und auch der Taxiblogger hat das ja neulich berichtet, wenn auch eher „indirekt“. Sicher schreckt eine Kamera mal einen Kunden ab, der übles im Schilde führt, die guten Seiten sind also offensichtlich.
Inwischen meldet ebenfalls die MZ, was in anderen Städten davon gehalten, bzw. wie es dort überhaupt gehalten wird mit den Kameras. Das ist natürlich unterschiedlich, die Befürchtungen und Hoffnungen schwanken offenbar zwischen Abschreckung im Positiven auf Räuber und Abschreckung im Negativen auf alle Fahrgäste. Letztere Meinung teile ich nicht mal, bin aber dennoch eher dagegen.
Wir gewöhnen uns doch sowieso schon viel zu sehr an Überwachung an allen Orten! Es mag sein, dass an den überwachten Stellen weniger passiert, was das gesamtgesellschaftlich bedeutet, ist indes gar nicht so sicher. Das Berliner Nahverkehrsnetz beispielsweise ist recht gut überwacht mit Kameras. An Bahnhöfen, in den Zügen usw. Was fällt euch zu den Berliner Bahnen an Schlagzeilen der letzten Jahre ein? „Berliner Straßenbahn sicherste der Welt!“? War das eine Headline der Boulevardpresse? Oder sonst einer Zeitung? Natürlich nicht. Und den Grund kann ich kostenlos dazu liefern:
Absolute Sicherheit gibt es nicht!
Im Einzelnen – also auch für uns Taxifahrer – ist das erstmal gar kein unlogischer Schritt: Autos überwachen, mit Kamera, GPS, Funk, dazu stillen und lauten Alarm etc. Wer weiss, vielleicht sorgt das für sicherere Taxen. Aber zum einen werden wir dann plötzlich 100% unserer Arbeitszeit überwacht und das Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen: Vielleicht verwenden unsere Chefs dann die Aufnahmen irgendwann, um zu überwachen, ob wir das Rauchverbot einhalten, vielleicht stellen wir aber auch selbst die lustigsten Fahrgastvideos mal ins Netz, am besten mit GPS-Tag und Namen.
Zum Anderen können wir dann aber auch nicht dagegen sein, wenn sich die Kloputzer aus den Bahnhofstoiletten melden und sagen, dass es bei ihnen oft zu Gewalttaten kommt. Also machen sie das nächst logische: Kameras, Alarmanlagen…
Das kann nicht ernsthaft die Lösung sein!
Sie ist einfach und vergleichsweise billig, das muss man zugeben. Aber Überwachung verlagert Kriminalität nur. Was machen denn die Taxiräuber, wenn sie in Zukunft mal wieder einen Hunni brauchen? Handtaschen klauen, in Wohnungen einbrechen… es ist doch kein einziges Problem gelöst damit.
Sicher darf man mal auf die Probleme hinweisen, die wir ja tatsächlich mit Überfällen haben. Natürlich sind wir als Einzelpersonen verwundbar und wir führen Geld mit uns. Auf der anderen Seite haben wir jetzt schon Alarmsysteme vorgeschrieben und unsere Geldbestände sind wahnsinnig niedrig. Wenn da draussen Menschen rumrennen, die überhaupt auf die Idee kommen, einen schweren bewaffneten Raubüberfall zu begehen, um maximal ein paar hundert Euro zu erbeuten, dann können wir doch nicht einfach die ganze Welt mit Kameras zupflastern wegen solcher Spinner. Oder verbarrikadieren: Im zweiten verlinkten MZ-Artikel wird bereits wieder nach der Panzerglasscheibe im Taxi gefragt – eine Einrichtung, die es hier in Deutschland schon gab und gegen die letzten Endes die Taxifahrer protestiert haben!
Spätestens seit Nine-Eleven sind wir dabei, uns immer und überall überwachen zu lassen und gleichzeitig zu jammern, dass es ja „immer schlimmer“ wird mit der Kriminalität. Vielleicht sollte man irgendwann mal zugeben, dass das eine Sackgasse ist.
Ich bin der Meinung, dass man das Geld besser in Fortbildungen und dergleichen investiert. Es mag nur ein Teil der Überfälle sein, der sich durch Psychologie vermeiden lässt, aber es ist auch nur ein Teil, bei dem Kameras das leisten. Im einen Fall haben wir bessere Taxifahrer, im anderen, nun ja, ein paar Kameras mehr…
Vor allem hilft einem eine Kamera am Ende bei einem tatsächlichen Überfall gar nicht. Denn im Grunde geht es ja letztlich nicht drum, ob die Täter erwischt werden, oder ob man seine paar Kröten wiedersieht. Wenn ich mir jetzt vorstelle, dass ein Räuber am Ende auch noch das Auto demoliert, um die Aufnahme zu löschen, oder es gar klaut, was weiss ich… dann verzichte ich gleich nochmal lieber darauf.