Ausbildungsfonds: check!

Berlin in den späten 2030ern.

Kind: „Papa, ich brauch einen neuen Firzelgenerator für die Uni!“
Sash: „Hier mein Kind, da hast Du drei Euro. Die sind von Dirk.“
Kind: „Papa, wer ist Dirk?“
Sash: „Also, das war damals, Anfang 2016, so …“

Es war eine kurze Fahrt mit Dirk. Er hat sich gleich nach dem Ranwinken mit Handschlag vorgestellt, mir gezeigt, dass seine Jacke beheizt ist und dann sein Ziel angesagt. So überschaubar die Länge der Tour war, so unerwartet kam sie, quasi mitten im Wohngebiet. Er erklärte selbst, dass er nach dem Finale der Dart-WM im Fernsehen ein wenig betrunken sei, aber das sei schon ok, er habe schließlich frei. Damit war unsere gemeinsame Zeit im Grunde vorbei und es ging an die Begleichung der 9,10€ Fahrtkosten.

„Wie viele Kinder hast Du?“

„Keine.“

„Hmm, ok. Mach trotzdem mal 12.“

„Oh, vielen Dank!“

Ich musste etwas im Portemonnaie herumsuchen, denn ich fand keine Ein-Euro-Münze. Ich entschuldigte mich dafür, dass es so lange dauerte, woraufhin Dirk einwarf:

„Ach, gib mir einfach 35 zurück.“

„Ähm wow, nochmals vielen Dank!“

„Ist für die Ausbildung der Kinder. Von Dirk. Vergiss das nicht. Sag ihnen, das ist von Dirk, ok?“

Ja, ich hab’s hier nur aufgeschrieben, damit ich’s mir all die Jahre merken kann … 😀

Diese eine Tour …

Silvester war wie gesagt langweilig, was die Fahrgäste anging. Und auch dieser Kundin, die am Ende die Fahrt nicht komplett bezahlen konnte, war insgesamt kein über die Maßen herausragendes Entertainmentlevel attestierbar. Das soll keinesfalls böse klingen, denn wir haben uns nett unterhalten und sie hat mich mit dieser vorletzten Tour über den angestrebten Schichtumsatz gebracht. Yeah! \o/

Nur das mit der Kartenzahlung klappte nicht. Nach dem drölften Versuch meinerseits, die Karte durchzuziehen, meinte sie plötzlich:

„Warten Sie mal, geben Sie mir mal die Karte!“

Und noch während ich es tat, fiel es mir selbst wie Schuppen von den Augen:

„Sagen Sie nicht, die ist heute Nacht abgelaufen …“

„Doch …“

Das Dumme war natürlich: Dadurch hatte sich auch das alternative Geldholen erledigt. 15 € hatte sie noch, 20 € waren aufgelaufen. Hmm. Nicht toll, sicher. Aber ehrlich: An Silvester groß wegen Rechnung rummachen, Personalien aufnehmen etc. … ach Gottchen! Ich hab’s pragmatisch gehalten:

„Ganz ehrlich: Wenn uns das Ganze jetzt mehr als 5 Minuten kostet, dann haue ich lieber ohne das Geld ab …“

Am Ende bat sie mich, ihr meine persönlichen Bankdaten zu nennen, sie würde es schnell überweisen. Gut, das immerhin ging schnell und ich hoffe jetzt einfach, dass sie es macht. Ich hab die Kohle abgeschrieben, mir wäre da ehrlich jeder Stress zu viel. Kann ich hier schreiben. Auch auf die Gefahr hin, dass sie es liest. Andererseits würde es mich sehr freuen, in diesem Fall mit meiner Menschenkenntnis recht gehabt zu haben.

Ironie des Schicksals: Das letzte Mal, dass mir was vergleichbares passiert ist, war’s mit einem halbseidenen Typen, bei dem sich die Zahlung verzögert hat, weil er in U-Haft saß – und dieses Mal war’s eine Polizistin. Auch unter diesem Aspekt wird’s spannend mit der Zahlungsmoral. 😉

OK, dann geht das in Ordnung …

Frohes Neues erstmal! \o/

Bevor ich mich hier über die Silvesterschicht auslasse, muss ich nochmal einen Kollegen aus dem letzten Jahr loben. Dabei war mir anfänglich gar nicht danach. Er hat eine Ampel genutzt, um auf einer weniger befahrenen Spur an mir vorbeizuziehen. Mit angeschalteter Fackel natürlich – also genauso frei wie ich.

Wie ich schon öfter erwähnt habe: Das ist scheiße! Wenn man frei ist, überholt man freie Kollegen nicht. Da gibt es kein Gesetz für, es ist einfach eine stille Übereinkunft aller Taxifahrer mit einem Rest von Berufsethos. Natürlich hätten wir alle gerne die nächsten Winker, aber es gibt auch wenig Sinn, wenn immer die sie kriegen, die sich trauen, am schnellsten zu fahren …

Besagter Kollege blieb auch vor mir, denn da er ca. 65 km/h bei 50 erlaubten fuhr, schien mir ein Überholen nicht wirklich sinnvoll zu sein. Ein Arschloch eben.

Und es kam, wie es kommen musste: An der nächsten roten Ampel war er erster, und just dort standen zwei Winker, die dann auch prompt auf ihn zuliefen und einzusteigen gedachten. In meiner Fantasie ramme ich solche Kollegen ja gerne mal und gebe mich danach höchst bestürzt darüber, dass sie nun doch keine Fahrt hätten, sondern mit mir auf die Polizei warten müssten. In Wirklichkeit wünsche ich ihnen einfach eine Massenkarambolage mit 12 Gefahrenguttransportern und allem, was man sich als fantasiereicher Mensch an Folgen gerade noch so vorstellen kann. Oder kurz gesagt: Ich hab wirklich ein kleines Problem mit unfairem und unkollegialem Verhalten.

Und nun hatte die Drecksau meine Fahrgäste!

Aber nee: Der Kollege verschloss die Türen und gestikulierte winkenderweise – und am Ende kamen die Kunden, immerhin nur leicht irritiert, zu mir gewatschelt.

Offenbar wollte der Kollege doch einfach nur schnell heim, zu seiner Halte oder zu einer Bestellung und hat vergessen, die Fackel auszumachen. Oder es für unnötig erachtet oder tatsächlich nur meinetwegen aufgegeben und die Kunden weitergereicht. Ist mir von der Sache her dann sogar wieder vergleichsweise egal. Immerhin war er insofern ein fairer Mitspieler, als dass er wusste, dass er mich überholt hatte, obwohl er das eigentlich nicht hätte sollen. Dann will ich mal nix gesagt haben.

Ach ja, Schicksal, diesen „Blitz beim Scheißen“-Wunsch kannste auch ad acta legen …

2016! \o/

Und da isses endlich, das kleine und noch junge neue Jährchen!

Eigentlich wollte ich jetzt, da ich das hier schreibe, noch auf der Straße sein. Stattdessen hab ich für eine Silvesterschicht recht früh Feierabend gemacht. Und? War es eine schlechte Schicht? Mitnichten!

Also ja, Silvester wird wohl nie schlecht laufen. Aber tatsächlich hab ich schon Schluss gemacht, weil ich zum einen die angepeilten 300 € Umsatz bereits erreicht hatte, zum anderen aber auch, weil ich ehrlich müde war. Vielleicht kann ich das ja auf meinen Tagfahrer schieben, der gestern früh um 11 Uhr auf die glorreiche Idee kam, mir unbedingt mitteilen zu müssen, wo er das Auto später abstellen würde.

Nein, im Ernst: Gegen 7 Uhr bin ich an manchen Tagen bereits im Bett, da müde zu werden, ist völlig normal für mich!

Insgesamt hat sich der Trend vom letzten Jahr zwar fortgesetzt, dass ich auch mal eine Weile leer durch die Prärie gegurkt bin (überhaupt war Berlin sehr ruhig, das Feuerwerk war ja um 2 Uhr quasi schon vorbei!), aber einem guten Schnitt abträglich war’s nicht. Im Gegenteil: Wenn man mal das Heimfahren und Abstellen am Ende nicht mit einbezieht, hatte ich aalglatte 50 € Stundenumsatz, quasi auf den Cent und die Minute genau.

Im Gegenzug war das Trinkgeld eher mau und vollständig vorliegen hab ich’s auch nicht, denn natürlich gab es am Ende eine nicht (komplett) bezahlte Fahrt. Dafür fiel der eine depressive Kunde aus, ich hatte keine Großraumtour und auch sonst kaum erwähnenswerte Kundschaft, wenn ich ehrlich bin. Angetrunkene, die – Überraschung! – vom Feiern kamen und heim wollten, weil sie müde waren. Big Deal!

Dramatisch, insbesondere in den ersten Stunden und im östlichen Teil der Stadt, war jedoch das Wetter. Dieses Mal kein einsetzender Schnee, kein Blitzeis, sondern … Nebel!

Alles in allem bleibt’s wie wohl jedes Jahr: Die Schicht war saugut, aber anstrengend. Und während ich jetzt darüber nachdenke, wo es hätte besser laufen können, werde ich mich die kommenden ungefähr 30 Schichten sehnlich in diese Nacht zurückwünschen. Silvester im Taxigewerbe eben, wie es halt so ist.

Euch allen ein frohes neues Jahr! 🙂