„Irgend so ein Club halt …“

Ich hab wirklich keine Ahnung, was sich der mir unbekannte Kollege bei seiner Tour gedacht hat.

Nachdem er seine Arbeit bereits getan hatte, stand ich am Sisyphos. Wie immer nur recht kurz, denn recht schnell trat ein junger Typ an mich heran und fragte, ob ich wisse, wo Ritter Butzke wäre. Ich antwortete knapp mit „Ja, sicher!“, da winkte er dann zwei Leute aus der Schlange am Sisyphos heran und sie alle stiegen ein. Hä?

Also nicht, dass es ungewöhnlich wäre, zum Ritter Butzke zu fahren – aber mit Leuten, die noch nicht einmal die Schlange, geschweige denn eine Ablehnung oder einen Abend im Sisyphos absolviert hatten?

Tatsächlich war es so, dass die Kunden offenbar niemals beim Sisyphos landen wollten. Sie hatten ein Taxi rangewunken, Ritter Butzke als Ziel angegeben, und waren am Sisyphos abgesetzt worden.

WTF?

Man kann sich ja mal vertun, aber das Sisyphos hat seinen Namen in ein Meter hohen Buchstaben über dem Eingang stehen …

Noch absurder war, dass die Fahrt zum Sisyphos nicht einmal länger war, als es die zum Ritter Butzke gewesen wäre, der „Kollege“ hatte also auch kein Plus gemacht, sie kamen wohl aus Friedrichshain. Das Plus wiederum hatte ich dann, denn vom Sisyphos aus ist das eine ordentliche Tour gewesen.

Die Kunden sahen es locker:

„Das gehört halt dazu …“

Äh, nein, nicht!?

Künstler, die es richtig schwer haben

Ihr wisst ja, dass ich aus meinen Taxigeschichten ein Buch gemacht habe. Einer der Gründe, warum ich weder währenddessen, noch unmittelbar nach Veröffentlichung spontan mit dem Bloggen oder gar dem Taxifahren aufgehört habe, war, dass man damit nicht reich wird. Obwohl ich als Autor nur schwer an Verkaufszahlen komme, kann ich doch mittlerweile mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass es schwer werden wird, auch nur einen hohen vierstelligen Betrag damit zu erwirtschaften.

Was immerhin schonmal nicht schlecht wäre. Im Auto hatte ich nun jemanden, der mir aufgezeigt hat, wie hart es in anderen Branchen sein kann: Ein Filmemacher, der kurz vor der Vollendung seines ersten Kinofilms stand. Er hatte für dieses Projekt laut eigener Aussage „bis auf meine Matratze“ alles in seiner Wohnung verkauft, pennte bei seinem Berlin-Besuch bei der Regisseurin und hatte nun wegen Verzögerungen bei der Vertonung unerwartete 20.000 € Mehrkosten in Aussicht …

Ich hab den sympathischen und den Umständen entsprechend reichlich lockeren Kerl dann vor einem Billig-Hotel abgesetzt, auf das er ausweichen wollte, weil seine Gastgeberin in der gemeinsamen Wohnung „private Probleme“ zu klären hatte. Ich war nie so froh, einfach nur an einem billigen PC vor mich hin zu schreiben, ganz ehrlich.

„Mach‘ mal halblang, Du Vollspaten!“

Selten, dass ich sowas über Leute denken, die am Ende die Schicht abrunden. In dem Fall aber wollte ich gar nix abrunden. Es waren die letzten Minuten des letzten Tages des hervorragenden Wochenendes um den ersten Mai. Für mein persönliches Tagesziel hätten mir zwar noch ein paar Euro gefehlt, aber ich war umsatzmäßig schon der beiden Vortage wegen mehr als nur zufrieden. Und so hab ich den Wagen betankt, saubergemacht und wollte nun zur Firma, die Kiste abstellen. Von der Tankstelle aus etwa ein Kilometer.

Als ich mich aber ins Auto schwang, fuhr von hinten ein schwarzer Opel heran und gab mir zweimal die Lichthupe. Drängler an der Tanke, die nicht mal die wirklich flotten drei Sekunden Zeit haben, bis ich den Tankbeleg ins Portemonnaie gepackt und die Tankkarte in ihr Etui geschoben habe … kann ich ja leiden wie Pickel am Arsch!*

Als ich genervt den Schlüssel umdrehte, sprang aber der Beifahrer aus dem Auto und sprang zu mir an die Seitenscheibe.

Also anderes Szenario – und zwar ein gar nicht unangenehmes:

Ein paar Jungs aus Köln mussten ein Mädel abholen, hatten sich aber verfahren, weil sie kein Navi dabei hatten. Die Straße, die sie ansagten, wusste ich sofort einzuordnen, und sie lag immerhin mal nicht wieder in der Innenstadt, sondern in Richtung Köpenick. Eine flotte 15€-Lotsentour mit einem der Jungs im Auto. Zehn Minuten über leergefegte Hauptstraßen, fertig. Sonntagmorgens ist da sogar Konvoifahren völlig stressfrei. Also hab ich die Schicht nochmal spontan verlängert. Die Fahrt war nicht sehr spannend, der Typ in meinem Auto konnte nur so mittelprächtig deutsch, aber am Ende sind wir gut angekommen und zumindest mein „Heimweg“ ging ebenso flott vonstatten.

Wenn ich als Taxifahrer inzwischen eines gelernt haben sollte: Es gibt eine ganze Reihe Menschen, die die Lichthupe nicht als Beleidigung einsetzen. Vergisst man im Alltag halt trotzdem schnell mal …

*Im Ernst: Ich trödele wirklich nicht an der Tanke, die Bewegungsabläufe da sind seit Jahren einstudiert, die meisten Leute brauchen länger, um ihr Zündschloss zu finden oder den ersten Gang einzulegen.

MyTaxi und die 50%-Wochen

Nun ist es (wieder einmal) soweit: MyTaxi erlässt den Kunden für zwei Wochen 50% der Kosten für ihre Fahrten während dieser Zeit. Das ist zweifelsohne super für die Kundschaft – und alle Fahrer mit MyTaxi freuen sich ebenso über eine bombige Auftragslage. Zumal wir hier in Deutschland ausgerechnet zu Beginn der Aktion auch noch mit den Auswirkungen des Bahnstreiks zu kämpfen haben.

Da kann man sich in erster Linie drüber freuen.

Ein bisschen mulmig wird mir bei dem Gedanken indes schon, denn das ist schon eine ganze Menge für Werbung rausgeschmissenes Geld. Klar, MyTaxi möchte seine Marktanteile erhöhen und hat international zusätzlich noch gegen Uber zu kämpfen, das verlangt halt drastische Mittel. Ich halte MyTaxi beileibe nicht für das personifizierte Böse, wie das gerne in der Branche gemacht wird, aber es stimmt mich doch nachdenklich, wenn Dumpingpreise von Unternehmen ausgelobt werden, die mit dem eigentlichen „Produkt“, nämlich der Taxifahrt selbst nur wenig zu tun haben. Natürlich sollte man in so einem Fall nicht vergessen, dass auch MyTaxi mit Daimler einen nur begrenzt uneignennützigen Konzern im Boot hat, der im Zuge der langsam in Aussicht stehenden selbstfahrenden Autos nach einem zum Zeitpunkt X potenten Vermittler sucht. Ob diese Absichten gut oder schlecht sind, mag jeder selbst bewerten.

Unfair an den Rabattwochen ist jedenfalls, dass das benötigte Geld für so eine Aktion im Taxigewerbe selbst nicht rumliegt (Find mal wen, der wirklich in die Personenbeförderung investiert und nicht nur in die vergleichsweise kostenarme und problemfreie Vermittlung!) und solche Aktionen – wie ich öfter gelesen hab, allerdings diesbezüglich rechtlich ahnungslos bin – zumindest den genossenschaftlich organisierten Zentralen schlicht verboten sein sollen. Die Vermittlung per App war und ist eine tolle Neuerung, aber bei dem ganzen Gehype um Uber oder jetzt der Rabattaktion von MyTaxi besorgt mich etwas, dass da Millionen bis Milliarden in irgendwelchen Büros verbrannt werden, die irgendwann von den Fahrern bezahlt werden müssen. Denn sobald ein Vermittler – ob das dann MyTaxi ist, sei dahingestellt, aber sie haben sicher das Potenzial – marktbeherrschend ist, können sie leicht die für die Kunden unsichtbare Preisschraube auf der Fahrerseite anziehen. Und, wie ich vielleicht schon mal erwähnt habe: da ist beileibe nicht so viel zu holen, wie allerorten (vermutlich auch bei den App-Herstellern) vermutet wird.

Eine Zehn-Euro-Tour mit mir im Taxi kostet meinen Chef über neun Euro, ganz egal für wieviel Geld MyTaxi sie weitervertickt. Das sollte man bei all der Freude über sein Schnäppchen in diesen Wochen nicht vergessen. Denn ich denke, jeder kann sich  ausrechenen, worauf es hinauslaufen würde, würden sie für ihre Vermittlung in zwei Jahren 1,50 € verlangen, um die Kohle langsam mal wieder reinzuholen …

Bahnstreik, Besuch und so.

So, die Bahn wird seit 5 Stunden wieder bestreikt. Der letzte Bahnstreik hat sich zumindest in Berlin nur so mittel auf die Taxiumsätze ausgewirkt, der letzte davor jedoch massiv. Ich hab also keine Ahnung, wie es so werden wird, wenn ich mich am Donnerstag wieder auf die Straße werfe. Aber bis dahin werden wir noch eine Menge Artikel zum Streik lesen „dürfen“, jedoch eher nicht von mir. Ich hab derweil Besuch von Svü und lasse mich heute insbesondere vom Wetter überraschen. Seht es mir nach, wenn ich in den Kommentaren eher selten anzutreffen bin.

Ich wollte eigentlich noch ein paar Worte zur 50%-Aktion von myTaxi verlieren, weiß aber nicht, ob ich dazu komme, bis sie ohnehin vorbei sein wird. Außerdem hab ich auch noch ein paar Geschichten vom letzten und rekordverdächtigen Wochenende rumliegen, die werden sicher auch die Tage noch ihren Weg hier zu GNIT finden. Ausnahmsweise also eher mal zu viel zu schreiben und zu wenig Zeit. Umgekehrt ist es ja öfter mal.

Was ich eigentlich sagen wollte: Ich bin selbst gespannt, wie es hier die nächsten Tage weitergeht. 🙂

Mein Lieblingswitz 2015

Dass Fahrgäste mit coolen Sprüchen wirklich mal den Vogel abschießen, passiert selten – aber es passiert. In diesem Fall waren es drei Fahrgäste, die sich über verschiedenste Sachen unterhielten, schließlich dann über Ansteckungsgefahren:

„Gähnen ist ja suuper ansteckend.“

„Lachen aber auch! Da gab’s doch neulich erst dieses Video bei Youtube, wo zwei in der U-Bahn so derb loslachen. Am Ende lacht dann der ganze Waggon und keiner weiß, warum …“

Und dann warf der dritte im Bunde mit gespieltem Ernst ein:

„Genau denselben Effekt nutzen Sie ja auch bei Swinger-Clubs aus.“

XD

 

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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„Wenn ick hier ’ne Straßensperrung hätte, wüsste ick dit ja wohl …“

Ich bin am Abend des ersten Mais extra einen Umweg gefahren. Dass ich durch Neukölln nicht komme, wusste ich. Aber ein kleiner Schlenker über Treptow … zurück nach Friedrichshain? Nein, denn nicht nur die Sonnenallee war gesperrt, auch die Ziegrastraße, durch die man sonst vor allem des Estrel-Hotels wegen kennen muss. Von dort über die Teupitzer, Treptower … da ist die Demo doch nie im Leben unterwegs!

Ich wagte also den Versuch, fuhr an die Absperrung heran und fragte die diensthabende Beamtin, ob denn wirklich auch die Treptower Straße dicht sei. Die Antwort hat mich etwas überrascht. Denn trotz quer über der Straße geparketem und Blaulicht aussendendem Wagen, meinte sie mit tiefstem Desinteresse völlig emotionslos:

„Wüsst‘ ick nüscht von. Ick bin da ooch nich‘ so …“

Und winkte mich durch.

Noch lustiger wurde es eine halbe Stunde später, denn da erfuhr ich dann aus dem Radio, dass ein Teil der Treptower Straße eines Feuers wegen komplett gesperrt wäre. War mir aber egal. Ick bin da ooch nich‘ so … 😉