Da eine private Mail-Konversation auch diese Frage aufwarf, möchte ich hier einen kurzen informativen Text schreiben. Manche Taxifahrer haben ihn auswendig im Kopf, andere scheren sich einen Scheißdreck darum: Der Kilometerschnitt. Wie wichtig ist er wirklich und worüber reden wir überhaupt?
Kurzer wichtiger Einschub: Eventuelle Zahlen sind allesamt auf Berlin und mich bezogen! Sie können selbstverständlich woanders abweichen!
Der Kilometerschnitt ist eine nicht unwichtige Angabe im Taxigewerbe. Das kann man so sagen. Jeder Unternehmer muss in irgendeiner Art und Weise seine Einnahmen und Kosten planen. Der Kilometerschnitt ist schlicht die Kennziffer, wie viel Umsatz pro gefahrenem Kilometer realisiert wird. Da die Kosten eines Autos sich (zumindest grob) sowohl bezüglich Abnutzung und Reparaturkosten, als auch bezüglich des Spritverbrauchs auf den gefahrenen Kilometer runterrechnen lassen, ist er also eine recht brauchbare Größe, um zu ermitteln, ob sich eine Taxe lohnt. Insbesondere, wenn sich wie bei mir die Lohnkosten auch nach dem Umsatz alleine berechnen, wird er zum entscheidenden Kriterium.
Das heißt aber nicht, dass er bei den Fahrern allgegenwärtig sein muss. Selbstfahrende Unternehmer (also Selbstständige) werden ihn mehr oder minder im Kopf haben. Angestellten kann er meist egal sein, weil Angestellte weder Auto, noch Reparaturen und Sprit zahlen, und ihr Einkommen meist nicht davon abhängt, wie viele Kilometer sie für ihren Umsatz brauchen. Zumindest, wenn sie wie ich ausschließlich nach Umsatz bezahlt werden.
Bei Torsten hingegen hab ich in den FAQ gelesen, dass der Kilometerschnitt bisweilen sogar als Lohnberechnungsgrundlage dienen kann, indem der Chef beispielsweise pro gefahrenen Kilometer 60 Cent verlangt und der Rest dem Fahrer gehört. Ist aber offenbar inzwischen eher unüblich. Und das ist kein Wunder, schließlich fallen die einzelnen Schichten bisweilen sehr unterschiedlich aus. Während ich am Wochenende gelegentlich mal 220 € bei nur 150 bis 160 km einfahre, kann es an einem schlechten Montag schon mal sein, dass bei 150 km nur 100 € im Geldbeutel landen, und selbst wenn sich das wieder ausgleichen sollte, muss man sich mal die Frustration vorstellen, nachdem man 10 Stunden umsonst arbeiten war…
Mir wurde zu Beginn meines Arbeitsverhältnisses eher nebenbei gesagt, dass sich die Einnahmen etwa bei einem Euro pro Kilometer einpendeln sollten. Das ist zwar von einem meiner Chefs beinahe schon widerrufen worden („das schafft eh kein Nachtfahrer…“), aber irgendwie ist es schon aufgrund des einfachen Zahlenverhältnisses irgendwie im Hinterkopf. Und wie ich schon meinen Kunden oft sagte:
„Was soll es mir bringen, wenn mein Chef pleite geht?“
Kurzum: Die gefahrenen Kilometer landen in meiner Abrechnungstabelle neben den Euros, und so weiss ich auch immer, ob ich halbwegs im Schnitt liege. Das tue ich im Übrigen durchaus, denn trotz einiger ausschweifender Privatfahrten (die meine Chefs erlauben) liege ich dieses Jahr bisher bei einem Schnitt von rund 1,04 Kilometern pro eingenommenem Euro.
Im Alltag als Fahrer ist er natürlich nur eine Zahl von vielen, und sein Verhalten richtet man nur bedingt daran aus. Die Zeiten, da man in Berlin die ganze Nacht gefahren ist und nur Winker aufgenommen hat, sind zwar vorbei – aber auch meine Chefs haben gesagt, dass ich im Zweifelsfalle lieber Umsatz bei einem schlechten Schnitt einfahre als keinen Umsatz bei einem guten.
Der witzige Nebeneffekt der Bedeutung des Kilometerschnittes ist der, dass sich für meinen Chef und mich unterschiedliche Touren am meisten rechnen. Natürlich ist jeder Umsatz besser als keiner, aber rein betriebswirtschaftlich müsste mein Chef auf kurze Touren stehen. Durch den durchaus sogar bundesweit betrachtet saftigen Startpreis von 3,20 € in Berlin, und die übliche Verteuerung der ersten Kilometer sind kleine Touren vom Schnitt her lohnender. Wenn wir davon ausgehen, dass ich nach einer Tour zur selben Halte zurückfahre, dann ergibt sich für eine 1km-Tour ein Schnitt von 2,40€/km, bei einer 40km-Tour aber nur einer von etwa 0,66€/km. Keine Frage, dass mir die 53 € dennoch lieber wären als die 4,80 € 🙂
Wozu sich der Kilometerschnitt allerdings prima anbietet, ist das Vertreiben sturer Festpreisforderer. Wenn man schon ehrlich (und in dem Fall blöd) wie ich sagt, dass man keine Sitzkontakte hat, dann kann man immer noch ausweichen und darauf verweisen, dass der Chef das aber wegen den Kilometern merken würde. Muss ja niemand wissen, dass ich bei uns im Betrieb wahrscheinlich der einzige bin, der den Schnitt gelegentlich anspricht 😉
