Sollte irgendwann einmal irgendwer auf die Idee kommen, mich einsperren zu wollen, weil ich ein grundschlechter Mensch bin – dann nehmt bitte folgenden Beitrag als Gegenbeispiel:
Die Schicht lief – für Samstags – scheiße! Anders kann man es nicht sagen. Die Fahrten tröpfelten nur rein, und wenn dann waren es kurze Strecken. Vom Ostbahnhof ging es nach Friedrichshain, vom Matrix nach Kreuzberg und die Winker wollten Kurzstrecken. Zumindest meistens…
Ich kann also nicht leugnen, dass ich positiv überrascht war, als vor dem Matrix ein junges Mädel – laut eigenem Bekunden 7 Jahre jünger als ich – mich fragte, ob ich sie zur Geschichtsträchtiger-Name-Str. fahren möchte. Also nach Köpenick. Wow! Mit der Tour könnte ich immerhin noch vor übermorgen Abend das finanzielle Ziel erreichen, dass ich mir für etwa drei Stunden vorher vorgenommen hatte!
„Na sehr gerne doch! Steigen sie ein!“
Kurzum: Sie war ziemlich betrunken. Das war eine witzige Geschichte an und für sich. Wir scherzten darüber, dass ins Auto kotzen nicht so toll wäre, dass es fragwürdig ist, wenn man sich mit 20 alt fühlt, und auch darüber, dass sie ihrem Mann versprochen hat, nicht betrunken heimzukommen. Rundum eine Tour, wie man sie sich eigentlich jeden Abend wünscht. OK, das Ziel lag weit außerhalb, was ordentlich Leerkilometer bedeutet – aber besser mal irgendein Umsatz als keiner!
Drei von dreizehn Kilometern ging das gut…
Dann vernahm ich vom Beifahrersitz aus Würgegeräusche, und das ist einfach ein ungutes Zeichen. Da kann man eine Einstellung zum Saufen haben, wie man will – das ist kein gutes Zeichen. Nein nein nein…
Wenn man sich eines als Taxifahrer angewöhnt, dann ist es schnelles rationales Handeln. Vom ersten Würgen ihrerseits sind keine fünf Sekunden vergangen, bis ich durch Beaugapfelung meiner Kundin realisiert habe, dass es ernst ist, die Verkehrssituation einschätzen konnte, eine Parkbucht mit ausreichenden Ausmaßen gefunden, den Blinker gesetzt (!) und das Auto aus 50 km/h sanft zum Stehen gebracht habe. Danach habe ich mit einer erschreckenden Lässigkeit ihre Türe geöffnet, und während sie dabei war, sich die letzten drei Drinks noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen, bin ich ausgestiegen und habe im Kofferraum die Küchenrolle um ein paar Blatt gekürzt.
Ich hab ihr die Tücher zum Abwischen gegeben und mich selbst augenblicklich daran gemacht, die Türschweller (welche leicht in Mitleidenschaft gezogen wurden) zu reinigen. Das Ganze natürlich nicht ohne tröstende Worte, dem Angebot, kurz Luft zu schnappen etc. pp. All die Freundlichkeiten, die meiner Meinung nach im Preis inbegriffen sind. Im Übrigen nicht nur bei jungen Mädels, sondern auch bei alten Kerlen.
Soweit, so gut! Das Auto hatte wirklich so gut wie nichts abbekommen – vor allem nicht innen – und so konnten wir nach einer Rückversicherung meinerseits die Weiterreise antreten.
Warum aber schreibe ich von Geduld? Soo schlimm ist das doch nicht…
Das stimmt.
Man bewertet das ganze allerdings ein wenig anders, wenn es einem in den folgenden 15 Minuten noch fünfmal so ergeht. Der Alkohol hat bei ihr inzwischen voll durchgeschlagen, so dass sie niemals auch nur einen Ton sagen konnte, bevor ich mich einmal mehr glücklich schätzen konnte, lange Arme zu haben, und somit auch die Beifahrertür vom Fahrersitz aus öffnen zu können. Einmal hat sie das selbst versucht, was aber nicht weniger anstrengend war, da es ohne jede Vorwarnung bei Tempo 50 passierte.
(Sie hat es nicht geschafft, aber in dem Moment fand ich es scheiße, dass ich die Türen nicht auch für innensitzende Leute verriegeln kann…)
Wie ging die Geschichte aus?
Ich hab sie nach einem gefühlten Jahrhundert Fahrt bei einem Taxameterstand von 25,30 € in die ihr sicher erstaunlich schwankend erscheinende Realität entlassen. Dabei habe ich ihr das Rückgeld centgenau zurückgegeben, und nicht einmal einen Ton gesagt, als eine 2-Euro-Münze in den Tiefen meines Autos verschwand, wo selbst ich sie bisher nicht bergen konnte (ich hab ihr eine neue gegeben). Trotz der null Cent Trinkgeld habe ich ihr eine gute Nacht gewünscht und mich einfach so auf den 10 km langen Rückweg in die City gemacht…
Ein ernstliches Danke habe ich nicht bekommen. OK, das lag – und das ist der Grund, weswegen mich das nur bedingt ärgert – wahrscheinlich daran, dass ihr die Geschichte ziemlich peinlich war. Vielleicht hilft es ja fürs nächste Mal – vorausgesetzt, sie kann sich an was erinnern…
Ist mir bis jetzt (toi,toi,toi) erst einmal passiert, dass mir jemand ins Auto gereihert hat. Ein Fahrgast, der ganz schnell zum Ostbahnhof wollte. „Der Zug geht um xx:xx Uhr. Schafen wir das noch.“ „Nein, ausgeschlossen.“ „Am Hauptbahnhof um xy:xy Uhr.“ „Das könnten wir schaffen.“ „O.k. versuchen wir es.“ Ich also mit Vollgas, unter Missachtung mehrerer Verkehrsvorschriften über den Tiergartentunnel zum Hauptbahnhof. Raus aus dem Tunnel, rein auf’n Bahnhof(in Time), wo er zeitgleich mit der Vollbremsung komplett nach vorne über die Sitze gereihert hat. Einschließlich über die eigenen Klamotten.
Hat mir aber die Gelegenheit gegeben, mal über meinen Fahrstil nachzudenken. 😉
@Klaus:
Ja, das klingt überdenkenswert… 🙂
Aber hier war wirklich nichts. Zwei Tropfen auf dem Seitenschweller – das war mit einmal wischen erledigt (hab ich ja unterwegs gleich gemacht) und man hat bei der Ankunft am Ziel nicht mal mehr irgendwas gerochen oder so. Ich zähle das noch nicht zu den „ins Taxi gekotzt-Geschichten“.