Ob ich mir nicht schnell einen Fünfer verdienen wolle, fragte die junge Dame mich am Ostbahnhof. Zur Bar 25 wollten sie, aber der Kumpel möchte nicht mehr laufen…
Ich war gerade angekommen, es war Wochenende, also auf der Straße eh viel los – warum nicht?
Als ich den Kumpel dann gesehen habe, war ich am Überlegen, ob das eine gute Idee ist. Er war ziemlich besoffen, wollte partout nicht aufstehen und machte im Allgemeinen einen eher labilen Eindruck. Ich hab gleich klipp und klar gesagt, dass ich sie ausdrücklich darauf hinweise, dass es verdammt teuer werden wird, wenn mir der Kerl ins Auto kotzt.
„Keine Sorge, ich hab noch 100 € dabei…“
sagte der Dritte im Bunde, und sie nahmen es fast schon gelassen zur Kenntnis, als ein Kollege meinerseits klarstellte:
„Kotzen kostet aber 250…“
Letztlich scheiterte die Fahrt aber daran, dass der Kerl es auch mit Unterstützung nicht packte, aufzustehen. Sei es drum, sonderlich traurig war ich nicht.
Nach einer Dreiviertelstunde traf ich die Gruppe nach ein oder zwei Touren am Bahnhof wieder. Sie hatten den Kumpel nun schon bis zum Taxistand geschleift und waren erfreut, mich wiederzusehen. Ganz auf Gegenseitigkeit beruht hat das nicht wirklich, aber ich bin Dienstleister, und zudem war Hilfe hier auch einfach angesagt.
Die Bar 25 war inzwischen (verständlicherweise) als Fahrtziel gestorben, es sollte nun nach Hause gehen. Wäre auch nicht weit – nur in die Köpenicker Str. – aber sie müssten sich doch um ihn kümmern. Kotzen wäre auch wirklich kein Problem. Sie hätten ihn hier ja nun schon eine Stunde lang betüddelt, und das Problem sei eigentlich nur, dass er ständig wieder einschlafe:
„Eigentlich geht’s dem eher zu gut!“
war die famoseste Aussage zum Thema. Also hab ich die drei eingeladen, und ich denke, ich kann behaupten, dass sie wirklich heilfroh waren, eine Chance zu bekommen, den Freund heimzubringen.
„Wenn wir zu dritt losgehen, dann kommen wir auch zu dritt zurück! Wir können ihn doch nicht hier liegen lassen!“
Respektable Einstellung, aber den Unwillen der meisten Kollegen, Subjekte mit einer derart ungewöhnlichen Blutmenge im Alkohol mitzunehmen, verstehe ich mindestens genauso gut. Die Fahrt dauerte etwa 55 Sekunden und war auf der Kreuzung Andreasstr./Stralauer Platz nach 400 Metern, bzw. 4,00 € beendet. Der bis dato ruhige Alkoholgeschädigte verlangte, zum Kotzen aussteigen zu dürfen, was mitten auf der Kreuzung für mich als Fahrer gar nicht witzig war. Glücklicherweise haben die anderen Autofahrer, insbesondere die Kollegen, mitbekommen, dass es sich um einen Notfall handelt und nicht einmal gehupt, als ich mein Taxi etwas suboptimal an einer Verkehrsinsel geparkt habe, um ihm den Ausstieg zu ermöglichen.
Der verdrogte Mitfahrer schmiss sich umgehend zum Pennen ins Gras, woraufhin seine Freunde beschlossen, ihn doch erstmal fit zu kriegen und es dann zu Fuß zu versuchen. Kotzen musste der Kollege wohl tatsächlich nicht, obwohl ich sicher bin, dass es seinem Zustand dienlich gewesen wäre. Ich hab einen Fünfer bekommen und eine aufrichtige Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten.
Mein Einwand, sie sollten – ohne jetzt Panik machen zu wollen – vielleicht doch über einen Krankenwagen nachdenken, wurde abgewiesen. Da sich in dem Fall aber gleich zwei besorgte Freunde um den jungen Mann sorgten, konnte ich auch ohne schlechtes Gewissen weiterfahren.
Und wie so oft endete so eine Geschichte mit dem tröstlichen Schlußsatz: Es ist ja glücklicherweise nichts passiert!
Hat man als Taxifahrer eigentlich Kotztueten im Auto? Ist doch irgendwie angenehmer, als nachher die Karre putzen zu muessen… Koennen ja auch irgendwelche stylischen sein, oder von der Lufthansa geklaut oder so 😉
@Thomas:
Manche ja, manche nein. Meine letzten wurden mir geklaut. Erfahrungsgemäß bringen die aber nur in sehr wenigen Fällen etwas. Die meisten kotzen nämlich entweder völlig spontan (so dass man ihnen vorher garantiert keine Kotztüte gegeben hat, weil sie völlig fit wirkten) oder leiden an sonstwelchen panischen Übersprungshandlungen, die ihnen eine Bedienung verbieten. Die meisten könnten das Kotzen im Auto durch 5-sekündiges Verzögern, öffnen des Fensters oder sonstiges recht gut verhindern. Die wenigen, die das nicht schaffen, sind dann auch die Kandidaten fürs Neben-die-Tüte-Kotzen 😉