Heisse Zeiten…

Ja, das Wetter zeigt sich gerade in der Hauptstadt von der sommerlichen Seite. Das ist aber nur der eine Punkt, weswegen den Zeiten das Wort heiss durchaus steht. Ganze drei Modemessen hatten wir nun in der Stadt in den letzten Tagen, noch dazu läuft die S-Bahn ja nur auf Sparflamme. Überall werden Taxen gebraucht, und somit kann man nur sagen, dass es diese Woche einen Wahnsinnsspaß gemacht hat mit dem Arbeiten. Ach ja: Auch was dazu geschrieben haben Aro und Klaus.

Ich hab mich in den letzten Tagen zu sonst nichts groß aufraffen können. Ich hoffe, ihr verzeiht mir. Nun folgen aber noch ein paar Kleinode…

Fremdfahrzeugblindheit

Wie hoch ist wohl der Prozentsatz an Leuten, die ihre Autotüre beim Aussteigen blind aufreissen und sie im Bedarfsfall in irgendwelche Gegenstände im Schwingkreis der Tür rammen?

0%? 1%? 2%?

Warum sind das im Taxi ungleich mehr?

Ich hatte jetzt zwar noch keinen Schadensfall, und nach ein zwei Berührungen der Tür mit glücklicherweise keine Spuren hinterlassenden Gegenständen achte ich inzwischen auch pingeligst darauf, einen gewissen Abstand zu allen möglichen Dingen einzuhalten. Manchmal aber wünsche ich mir dann doch eine Rundumverriegelung meines Autos. Die Kindersicherung nervt mich zwar auch meistens, aber nach manchen Kunden fragt man sich wirklich, ob das Ding nicht Deppensicherung heissen sollte, weil die meisten Kinder wenigstens noch genügend Angst haben…

Horror ist kein Ausdruck…

Ich möchte hier eine Geschichte eines Kollegen wiedergeben. Sinngemäß und ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Er hat es mir nicht erst gestern erzählt, also habt Nachsicht.

Kollege T. stand mit Kollege S. hintereinander an einer Halte. Es stieg eine größere Gruppe auf beide Wagen verteilt  ein. Getrennt nach Männlein und Weiblein – offenbar kurz nach einer „gruppendynamischen Diskussion“. Eine der Frauen – die bei T. im Wagen saßen – meinte:

„Hey Süßer, fährste uns nach Weisstenicht3“

Der Kollege meinte schon zu mir:

„Wat bitte? Aber geht ja noch weiter…“

Sie hatten offenbar die selbe Adresse wie die Männer im anderen Taxi bei S., und so fuhren sie meist mehr oder minder Konvoi. Verloren haben sie sich dennoch gelegentlich. Ist bei zwei erfahrenen Taxlern ja auch nicht seltsam. Die kennen beide den Weg, da kann man sich sicher sein.

„Auf einmal steigt die Alte über den Sitz zu mir nach vorne…“

Naja, weil T. das bedenklich fand, rief er bei S. an und fragte, wo er denn sei.Irgendwo ums Eck, kein Problem also. Damit aber nicht genug. Die Dame startete gewisse Annäherungsversuche…

„Hat die die Lehne hochgeklappt… ick sie natürlich wieder runter…“

Irgendwann standen dann die beiden Taxen an der Ampel nebeneinander. Was dann folgte, gebe ich auch im Original wieder:

„Und auf einmal knutscht mich die Alte auf die Backe!“

Daraufhin haben sich wohl die Ereignisse überschlagen. Die Männer bei S. im Auto haben das natürlich gesehen und sind scheinbar völlig ausgerastet. T. ist gleich rechts rangefahren, um den Spuk zu beenden. Dasselbe tat S. Daraufhin entwickelte sich wohl ein hitziges Verbalgefecht, bei dem die Typen T. drohten, ihn zusammenzuschlagen. Die Drohung der beiden Kollegen mit der Polizei wurde scheinbar auch nicht für voll genommen, und irgendwann sind sie dann wohl von selbst wieder ein wenig runtergekommen.

Insgesamt ist wohl nicht viel passiert, aber die Story toppt bisher alles, was ich an miesen Touren hatte…

"Entschuldigung, ihr seid nicht zufällig…"

…ist hoffentlich nicht der Satz, den mein Kunde ca. eine Minute nach dem Ausstieg aus meinem Wagen von sich gegeben hat. Ich hab ihn am Matrix aufgegabelt und wollte zu einem Hotel in Mitte. Während der Fahrt überkam ihn aber so eine Art schlechtes Gewissen, den letzten Abend in Berlin einfach so – besoffen nach der Disco – ausklingen zu lassen. Also fing er an zu sinnieren, ob er jetzt nicht noch zur Oranienburger möchte.

Die Oranienburger Str. ist so ziemlich der bekannteste Straßenstrich in Berlin, und somit war einmal mehr ohne unnötige Worte klargestellt, worum es geht:

Ficken!

Sorry, ich hab gerade das Bedürfnis gehabt, mich nicht jugendfrei auszudrücken.

Weiter im Text:
Er hat sich also erkundigt, ob wir dort vorbeikommen, wie weit das etwa sei und so weiter. Dann hat er beschlossen, dort „mal zu schauen“. Alleine das habe ich mir schon witzig vorgestellt, aber warum nicht? Der Weg war etwa gleich lang, insbesondere, da wir schon einen Weg eingeschlagen hatten, der nun nicht gerade in die richtige Richtung lag. Zudem: Vielleicht hätte ich so endlich mal die Möglichkeit, näheres über die Preise dort zu erfahren…
Das hat – bevor hier jemand mosert – übrigens rein berufliche Gründe, denn es gibt nichts, was man als Taxifahrer nicht gefragt wird. Glaubt mir, ich wurde sogar schon gefragt, ob die Damen dort „sauber“ seien oder ob man sich dort „was holen“ könnte. Warum auch immer ich sowas wissen sollte…

Naja, auf halbem Wege war er dann kurz davor, sich doch zu einer Umkehr zu entscheiden – was mir nicht schlecht gepasst hätte, denn inzwischen waren wir näher an der Oranienburger als am Hotel – aber das Ziel blieb dann doch. „Mal gucken“ eben.

Auf seinen Wunsch hin habe ich ihn gleich am Hackeschen Markt rausgelassen, von wo aus er sich dann ins Abenteuer (oder so) stürzen wollte.

Ich war ehrlich gesagt ein wenig irritiert, denn normalerweise stehen schon dort am Eck die Damen seiner Wahl, aber vielleicht waren ausgerechnet die ja gerade geschäftlich unterwegs. Wie dem auch sei. Ich hab kassiert – war ein angenehmer zweistelliger Betrag geworden – und dann fuhr ich los. In die Oranienburger Str. Nur 200 Meter etwa. Aus gegebenem Anlass habe ich noch mehr als sonst auf die Bordsteinschwalben geachtet – aber da war keine. Hab mir schon gedacht, dass sich mein Kunde sicher ärgern würde.

Dann erblickte ich zwei weibliche Gestalten, die auf die Entfernung hin… naja, also… gut, ich hab sie auch erst für Nutten gehalten. Waren sie aber nicht. So langsam kenne ich die Gesichter (ja, ich meine wirklich Gesichter!) der dort in der Regel stehenden Damen, zudem standen sie nicht rum, sondern gingen ihres mir unbekannten Weges. Gab noch diese und jene Kleinigkeit, die mich sicher werden lies, aber letztlich konnte ich einen Gedanken nicht loswerden:

Was, wenn mein Fahrgast mit seinen geschätzten 1,5 Promille diese ersten seinen Weg kreuzenden Grazien falsch einordnet?

Und da kommen wir zur Überschrift dieses Eintrages.

Ich habe mir ernstlich überlegt, ob ich anhalten soll, um das noch mitzubekommen. War mir dann aber zu umständlich. Ist ja nicht leicht mit Parken dort. Ansonsten ist es übrigens (für die Nicht-Berliner) eine Einbahnstr. – also zurückfahren und warnen war auch nicht drin…

Meine erste Tariferhöhung…

Jo, nun ist es also soweit: Die Taxi-Tarife in Berlin sind vor wenigen Stunden erhöht worden. „Mal wieder…“ denkt sich da sicher der gemeine Kunde. Der gemeine Taxifahrer zu einem guten Teil auch. Dazu später mehr. Der Tarif ist wie folgt angehoben worden:

Grundpreis:
Von 3,00 € auf 3,20 €

Kilometerpreis:
Kilometer 1-7: Von 1,58 € auf 1,65 €
Kilometer 7-?: Von 1,20 € auf 1,28 €

Kurzstrecke (bis zu 2 km pauschal):
Von 3,50 € auf 4,00 €

Bisher habe ich keine Beschwerden von Kunden gehabt – ich bin allerdings auch erst 6 oder 7 Touren nach neuem Tarif gefahren. Nun, wie ist es?

Wie es im Ergebnis aussieht, weiss ich noch nicht. Bei unveränderter Auftragslage müsste täglich etwa ein Fünfer mehr auf dem Taxameter stehen, folglich knapp über zwei Euro für mich rausspringen. Das ist super!

Für die durchschnittlichen Kunden kostet eine Fahrt zwischen 30 Cent und zwei Euro mehr. Das ist für die üblichen Gelegenheitsnutzer kein Weltuntergang.

Alles super? Naja.

Ich will mich natürlich nicht beklagen, dass ich jetzt mehr Geld bekomme, wenn jemand einsteigt. Das wäre verlogen. Aber es zeigt meines Erachtens nach, dass auch im Taxigewerbe bezüglich des Geldes eine absurde Logik herrscht. Denn das Problem hier in Berlin ist nicht etwa, dass die Tarife zu niedrig wären. Man konnte zu den alten Tarifen einen Taxibetrieb lukrativ betreiben, und das wäre insbesondere ausbaufähig gewesen, wenn man es geschafft hätte, mehr Kunden zu finden und zu binden.

Denn die derzeit angeblich berlinweit üblichen 1,1 Kunden pro Taxi und Stunde sind eher ein Problem.

Natürlich sind viele Taxitouren die berühmten Notfalltouren. Wahrscheinlich könnten wir die Preise um 100% erhöhen, und irgendwelche Leute finden sich immer noch. Notfälle eben. Oder Touristen aus westlichen Ländern – die kennen das nicht anders 😉

Aber bei Otto Normalverbraucher gilt immer folgendes: Ein Taxi ist teuer. Das ist es, und schon mein entfernter Kollege Torsten vom Taxiblog hat dereinst in einem lesenswerten Beitrag aufgezeigt, dass es auch nicht anders geht. Aber vielerorts verschätzt man sich dann eben doch. Klar habe ich bisweilen Kundschaft, denen eine Fahrt zu teuer ist. Überwiegend aber verschätzen sich die Leute nach oben. Würde man ein bisschen Geld dahingehend investieren, dass den Kunden die Preise übersichtlich präsentiert werden, dann bin ich mir sicher, dass sich einige „Neukunden“ finden würden. Plakate am Bahnhof mit ausgewählten Zielen und groben Preisen dorthin… als Beispiel. Und da bei uns in Berlin die Wartezeit an der Ampel quasi null zählt: Warum keine Festpreise zu bestimmten Plätzen? Naja, aber dazu müsste man Reformen anstoßen…

Taxifahren ist teuer, weil es Individualverkehr ist. Wir können die Kosten nicht auf 50 Leute – wie im Bus – abwälzen. Bei uns zahlen die paar Hansel im PKW von der Anschaffung des Wagens bis zu meinem Lohn alles. Dennoch vergessen die Leute auch oft, dass man sich Taxen teilen kann. Was sind 25 € nach Marzahn, wenn man es durch 3 teilt – oder durch 6…? Das sind für ausschweifende Kneipengänger in der Regel keine Beträge.

Naja, aber nun danken wir es unserem raren Publikum mit einer Preiserhöhung – mitten in einer Wirtschaftskrise. Ein Lob auf unsere Funktionäre!

Aber das war es ja noch nicht.

Mein Chef hat mir auch schon gesagt, er findet es fies, die Kurzstrecke von 3,50 auf 4,00 € erhöht wurde, weil:

„Das geht zu Lasten eures Trinkgelds, das find ich nicht in Ordnung!“

Ich hoffe ja nur, dass er nicht Recht behält, und tatsächlich mehr Leute als bisher gleich mit einem Fünfer zahlen. PS: Würdigt mal bitte die Einstellung meines Chefs, zu dessen Gunsten diese Umverteilung stattfindet, wenn sie es tut.

Wenngleich die ersten Erlebnisse positiv waren, so bin ich weiter skeptisch. Die heutige Nacht war vom Umsatz her gut – sehr gut sogar – aber es würde mich nicht wundern, wenn sich das noch ändert. Mal abwarten. Die Beschwerden – insbesondere bei der Kurzstrecke – werden sicher auch noch kommen.

Technisch hat sich das alles sehr einfach gestaltet: Kurz vor 12 Schicht abmelden, wieder anmelden: Zack! Schön, dass mein Tagfahrer das irgendwann umstellen lassen „durfte“. Naja, da das alles ein bisschen zu reibungslos lief, hab ich noch doch eine Fehlfahrt auf dem Chip – weil ich einfach ausprobieren musste, ob der neue Tarif jetzt wirklich drin ist und alles sauber funktioniert. Tut.

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.