Ab in die Verlängerung!

Beim Testspiel der deutschen Nationalmannschaft vorgestern war es nicht notwendig, bei mir im Taxi kurz darauf dagegen umso mehr. Der Umsatz kränkelte trotz der Tatsache, dass ich nach der ersten Tour vom Bahnhof gleich 3 Winker hatte. Da stand ich also nun wieder und vertrieb mir die Zeit mit oberflächlichem Kollegenplausch.

Irgendwann traten dann – was ja glücklicherweise trotz Tageszeit, der Wahl der Halte und dem Fabrikat meines Autos unvermeidlich zu sein scheint – Kunden an mich heran.

Die Anbahnung eines Geschäftsverhältnisses beim Taxifahren ist ja mitunter sehr verschieden. Entgegen der Bestimmungen kommt es zum Beispiel durchaus mal vor, dass man fragt, ob der ziellos herumirrende Mensch am Stand ein Taxi brauche. Andere schmeißen sich ins Auto und bringen ihren Fahrtwunsch bestimmt vor. Wieder andere – so auch mein Fahrgast jetzt – wagen sich erstaunlich forsch ans Auto heran, und werden vorab von einem kurzen Zögern übermannt, dass ihnen die Beschreibung des Fahrtziels abringt.

„Bahnhof Friedrichstraße?“

hiess es in diesem Fall und ich signalisierte mein Einverständnis. Vom Ostbahnhof aus ist das eine gar nicht so schlechte Tour. Nichts, wofür man gerne länger als 45 Minuten warten möchte, aber bei Pi mal Daumen 12 € Umsatz, bzw. 5 € Eigenverdienst ist man sicher nicht beleidigt als Fahrer. Eine Durchschnittstour wie aus dem Bilderbuch.

Ich bin mit den insgesamt 2 Fahrgästen losgefahren, und wir haben uns eigentlich nicht groß unterhalten. Ich habe sie kurz gefragt, weswegen sie ein Taxi nehmen (immerhin fahren mehrere S-Bahnen die Strecke auch), aber außer ein bisschen Kauderwelsch in gebrochenem Deutsch über späte Bahnen kann ich auch nicht vermelden. Sie müssten noch weiter, aber von hier dauert das, bla keks, was man als Berliner Taxifahrer seit Beginn des S-Bahn-Ausfalls 2009 schon kennt.

Alles war soweit super, aber irgendwann meinte der ältere der beiden:

„Sorry, was würden es kosten, wenn sie uns fahren bis Wannsee?“

„Ich denke, so um die 30 €.“

hab ich verkündet. Er nannte mir eine Adresse und signalisierte seine Zustimmung, dass ich da hinfahren sollte. Na klasse! Schicht gerettet! Ich hab dann an den folgenden Ampeln das Ziel ins Navi eingegeben und festgestellt, dass es eher knapp wird. Also hab ich gleich gesagt, dass ich immer noch die Chance hätte, sie zur Friedrichstraße zu bringen, sie es sich also nochmal überlegen könnten, aber es wären wohl eher irgendwas um die 35 €.

Und dank meiner Offenheit haben sie es akzeptiert und sich ohne zu murren für 36,40 € bis ans Ziel bringen lassen. Nichts weltbewegendes, nichts Aufsehen erregendes. Aber in dem Moment sehr schön. Ganz ehrlich!

Quietsch-Krrrrrk-Schepper!

Mann, da stand ich „kürzlich“ erst so weit oben in der firmeninternen Unfallstatistik und dann das!

Freitag Abend, 21.10 Uhr etwa war es, da treffe ich den B-Klasse-Fahrer vor mir in Mahlsdorf sauber ganzseitig am Heck. Ein Auffahrunfall, über die Schuldfrage brauchen wir im Grunde also nicht einmal reden … fuck!

Wie zur Hölle ist das jetzt passiert?

Nun, rein rechtlich isses einfach: Ich hab zu spät reagiert, fertig. Ich war für die Verhältnisse zu dicht aufgefahren, so ist es nunmal.

Aber auch wenn ich sowas alle paar Jahre durchaus mal akzeptieren kann und gar kein Mitleid brauche, ist es ein viel zu schöner Unfall gewesen, um nicht mal eben ausführlich drüber zu bloggen. Denn obwohl sich an oben gesagtem nichts ändert: Es ist schon sehr viel zeitgleich schiefgegangen, damit es soweit kam.

Da wäre zum einen die Baustellenampel, an der wir kurz zuvor hintereinander ein Weilchen gewartet haben. Die mag zum einen mein eher dichtes Auffahren nach dem Start erklären, vor allem aber hat sie dann von zweiterem abgelenkt.

Denn zum anderen wäre da die Straßenbahn, die genau dort ohne Ampel die Straße kreuzt und Vorrang hat. Das ist so schon eine eher seltene Verkehrssituation, aber mir wurde eigentlich genau das zum Verhängnis. Denn eben weil ich „endlich“ grün hatte, war in meinem sicher ziemlich auf Verkehrssituationen geschulten Gehirn einfach kein Platz für plötzlichen Querverkehr. Natürlich muss man eigentlich auch bei grünen Ampeln achtsam sein, aber mal ganz ehrlich: Man ist es in der Realität eher weniger. Und deswegen hab ich die uns entgegenkommende Tram eben die halbe Sekunde zuviel später reagiert als mein Vordermann.

Nun waren wir beide nicht sehr schnell, wir waren ja noch am Anfahren, und ein paar Meter trennten uns durchaus. Erinnerungen sind eine schlechte Datenbasis, aber ich würde schätzen, wir hatten bei noch nicht ganz 30 km/h etwa acht bis zehn Meter zwischen uns. Das hätte in 99% aller Fälle locker für eine Gefahrenbremsung gereicht und vermutlich wäre ich da selbst mit meiner Verzögerung gut weggekommen, wenn nicht …

Wenn nicht ausgerechnet an dem Abend und an der Stelle hinter meinem Vordermann, aber vor mir ein akuter Fall von „überfrierender Nässe“ aufgetreten wäre. Ich hatte die Bremse noch nicht einmal ganz durchgedrückt, da blockierten die Räder schon und ich schlitterte einfach in das andere Auto rein. Konnte nix mehr machen, der Fisch war geputzt.

Noch vor dem (den Umständen entsprechend nicht sehr harten) Aufprall lief in meinem Kopf das ganze Programm von aggressiven Unfallgegnern, nervigen Cops, ewiger Wartezeit, nervigem Rumtelefonieren, Abschleppwagen, verkacktem Wochenende und so weiter ab. und dann: KRACH!

Glücklicherweise gestaltete sich das alles ab da beinahe angenehm. Ich hab mich mit dem Fahrer des anderen Autos verständigt, auf den Gehweg zu fahren und er und seine Begleiterin waren ab da die nettesten Menschen an diesem Abend. Sie klagten scherzhaft, dass der Abend bis jetzt so schön gewesen sei, sahen es aber umgehend fast pragmatischer als ich. Wir fanden uns fünf Minuten später schon darüber scherzend wieder, dass wir das eigentlich lieber privat und in nett klären würden, wenn nicht mit meinen Chefs noch eine dritte Partei mit im Boot gewesen wäre. Sie hatten zudem von der Versicherung bereits einen vorgefertigten Unfallberichtbogen dabei, den wir schon mal ausgefüllt haben, bevor die Cops kamen. Nebenbei haben wir lustige Unfall-Anekdoten ausgetauscht. Und der Bogen hat sogar meinen Chefs heute als Bericht gereicht, ich musste das nicht noch einmal neu ausführen.

Die nach etwa 30 Minuten anrückende Staatsgewalt zeigte sich überrascht ob so eines gut organisierten Unfalls und verblieb damit, dem Ganzen eine Nummer zu geben und die Personalien zu notieren.

Wären Autos nicht so scheißteure Geräte, wäre das am Ende eher ein netter Witz gewesen, wie ich mal andere Verkehrsteilnehmer kennengelernt habe.

An der 72 ist nahezu alles heil geblieben. Ich musste später eine Blinkerleuchte austauschen, aber nur weil die Birne einen Schlag weg hatte oder so. Ansonsten Kratzer an der Stoßstange, sonst tut alles noch. Sogar die Abstandssensoren, das Thermometer und all der Scheiß, der sonst bei unspektakulären Andockmanövern die Flinte ins Korn wirft.

Die 72. Sah schon mal besser aus. Quelle: Sash

Wie es bei den Unfallgegnern aussieht, weiß ich nicht, aber auch sie sind erst einmal weitergefahren und haben sich vom nun etwas weiteren Spaltmaß an der Stoßstange nicht groß irritieren lassen.

Fährt man rückwärts an den Baum, verkleinert sich der Kofferraum. Quelle: Sash

Der Rest ist Sache der Versicherungen.

Was am Ende zu sagen bleibt:

  1. Unfälle passieren. Sie sind nie schön und natürlich kann man viele vermeiden, aber man sollte sich bewusst sein, dass man da nicht immun gegen werden kann.
  2. Unfälle sind dementsprechend nicht per se ein Grund, noch mehr Hass und Gewalt in den Straßenverkehr zu bringen, man kann da auch einfach mal relaxt bleiben. Und ich sage das hier als Unfallverursacher in Übereinstimmung mit den Unfallgegnern.
  3. Taxifahrer in Berlin werden offensichtlich nicht einmal dann nach ihrem P-Schein gefragt, wenn sie gerade ganz offensichtlich Bockmist gebaut haben. Vielleicht sollte man sich die aufwändige Verlängerung echt sparen.

Und nicht zuletzt: Es ist nur Blech/Plastik gewesen. Alles ok, also keine Panik! 🙂

Ein kleines Bisschen Empathie

Ich hab eigentlich eine sehr klare Meinung zu Leuten, die besoffen oder unter dem Einfluss anderer Drogen Auto fahren. Und ja, auch obwohl ich glücklicherweise selbst vor mehr als einem Jahrzehnt mit ein paar wenigen Verstößen diesbezüglich ungeschoren davongekommen bin. Ich bin inzwischen vernünftig genug, das nicht mehr zu glorifizieren.

Aber dann saß da ein (zumindest halbwegs) sympathischer Mensch neben mir im Taxi und hat mir unbedingt erzählen wollen, wie er vor ein paar Jahren seinen Führerschein wegen Alkohol für ein Jahr abgeben musste. Und die Geschichte ist zu schön, um sie nicht zu teilen.

Es war, als vor einigen Jahren eines der letzten großen Fußballturniere stattfand und er mit einem Freund in einem Wohnmobil einen Urlaub geplant hatte. Nette Gegend in Deutschland, leider waren sie zum Spiel wegen dem lahmen Gefährt spät am Bestimmungsort angelangt und hatten dann auch noch Probleme, eine Kneipe mit Fernseher zu finden, die sie noch reinlässt. Aber am Ende stand das mobile Zuhause auf einem Parkplatz und in der Gaststätte nebenan ließ sich das Spiel verfolgen.

Und dann begann die Kettenreaktion. Zum einen war es ein langes Spiel der Lieblingsmannschaft, es ging über die Verlängerung bis ins Elfmeterschießen. Entsprechend fielen mehr Drinks an. Was ja ok ist, wenn man den Schlafplatz vor der Tür hat.

Dann kam etwas, bei dem mein Fahrgast zugab, dass es sich wie Slapstick-Comedy anhöre, aber wirklich nicht absurd klang: Sein Kumpel ging in Richtung Tresen, woraus er schloß, dieser würde zahlen. Allerdings ging er am Tresen vorbei aufs Klo. Bei der Rückkehr dachte der Kumpel, es wäre bereits gezahlt und fragte, ob sie nun gehen sollten.

Kurzum: Sie verließen die Kneipe ohne zu zahlen.

Als sie am Wohnmobil ankamen, stand plötzlich der Wirt mit drei „Gorillas“ neben ihnen und forderte sein Geld. Mein Fahrgast versicherte, dass sie sich entschuldigten und mit einem Trinkgeld von mehr als 10€ aus dem Missverständnis verabschieden wollten. Das lief wohl vorerst auch gut ab, aber die Schlägertypen zogen sich wohl nicht wirklich zurück, sondern verharrten auch nach der Aktion leidlich versteckt keine zehn Meter entfernt um wer weiß was zu tun.

Da beschlossen die zwei versehentlichen Zechpreller dann, dass sie vielleicht doch nicht auf dem Kneipenparkplatz übernachten sollten und sind trotz dezentem Pegel eine Ortschaft weiter gefahren. Am Abstellplatz dort trafen sie nette Leute, verquatschten sich und stellten dann fest, dass trotz Klärung mit Trinkgeld der Kneipenbesitzer die Polizei informiert hat, dass da ein Berliner Wohnmobil mit besoffenen Zechprellern unterwegs war.

Am Ende kam mein Fahrgast dann wohl nicht umhin, zuzugeben, dass er die Kiste von A nach B gefahren hat, sein Pegel wurde amtlich festgestellt und das war es dann mit dem Führerschein …

Ja, er hätte nich fahren dürfen und ja, er hat dabei natürlich andere Verkehrsteilnehmer gefährdet, die Strafe ist ok gewesen.

Trotzdem kann ich das alles gut nachvollziehen und bin in meinem Urteil eher milder.

PS: Er hat laut eigenen Angaben den Schein inzwischen wieder, insbesondere, weil er aus eigenem Antrieb (also ja, Angst vor einer MPU) einfach mal ein halbes Jahr nix getrunken und das auch protokollieren lassen hat. Ich vermute wirklich stark, dass das schon in Ordnung geht. Immerhin hat er jetzt nach der Weihnachtsfeier ja auch artig ein Taxi genommen. 🙂

Kreatives Ansagen

Eltern mit Kind, zwei Uhr nachts.

„Meechte Enstbalackstraße.“

Die Ernst-Barlach hatte ich im Kopf, aber dass das einfach die Verlängerung der Dorfstraße ist, nicht mehr. Also hab ich kurz das Navi gefragt. E-R-, da kam dann von hinten eine Kinderstimme:

„H-C-A …“

„Was Du sagen?“

fuhr der Vater dazwischen.

„Ich buchstabiere rückwärts.“

Hilfreich wäre was anderes, aber auf die Idee kommen muss man auch erst mal! 😀

Einen Schritt weiter

Es geht weiter in Sachen P-Schein-Verlängerung: Der Antrag ist schon mal gestellt.

Durch die unerwartete Geschichte mit der Brille (die derzeit immer noch zusammengeklöppelt wird) ist es nun halt so, dass der Antrag erst bearbeitet wird, wenn ich meinen Nachweis über den bestandenen Sehtest nachreiche. Abgesehen davon, dass ich mir keine großen Sorgen mache, weil es im Notfall immer die Möglichkeit gibt, gegen ein kleines Entgelt eine drei Monate währende Ausnahmegenehmigung zur Personenbeförderung zu bekommen (und sowieso niemand jemals einen P-Schein kontrolliert); ich muss auch ehrlich sagen, dass mich das Bürgeramt gestern fast schon positiv überrascht hat.

Denn die Bürgerämter sind in Berlin ja quasi komplett zusammengebrochen. Ich weiß nicht, ob das außerhalb der Stadt groß wahrgenommen wurde, aber in den letzten Jahren wurde es quasi unmöglich, dort Termine zu bekommen. Während man zeitgleich eingeführt hat, dass man genau dort aber wegen jeder Kleinigkeit zuerst hin muss. Die Geschichte mit dem Start-up, das automatisiert die Online-Termine gebucht und dann gegen Geld an die Bürger verkauft hat, wird wohl noch eine Weile erzählt werden. Inzwischen geht die Vermittlung telefonisch vonstatten, aber ich hab z.B. den gestrigen Termin auch 2 Monate zuvor gebucht. Sich mal eben schnell ummelden – oder eben einen P-Schein verlängern – kann da mit etwas Unachtsamkeit gepaart sehr schnell sehr eng werden.

Allerdings: Abgesehen von der Tatsache, dass ich zum Termin bereits drei Minuten zu früh (!) dran kam, hat mich auch erfreut zu hören, dass die Bearbeitungszeit bei P-Schein-Verlängerungen derzeit angeblich bei fünf Wochen liegt. Und das ist nicht ironisch gemeint, denn im Vorfeld heißt es, man solle möglichst drei Monate vor Ablauf den Antrag stellen (also fünf Monate vorher einen Termin beim Bürgeramt ausmachen).

Und wenn das wirklich wahr ist und das mit der Brille und dem erneuten Sehtest planmäßig halbwegs schnell klappt, dann klappt das vielleicht wirklich bis zum Stichtag Mitte Oktober.

Ja, man sollte sich nicht zu früh freuen, und Einfluss auf den Verlauf hab ich ab da dann natürlich auch keinen mehr. Aber verhaltener Optimismus ist unter den Umständen weit mehr als ich im Vorfeld für diese Zeit jetzt erwartet hätte. 🙂

Ermittlungen zur Verantwortung

So, die Bestätigung vom LABO zur Verlängerung meines P-Scheins ist nun da. Das ist ein Grund zur Freude, wenngleich meine Ausnahmegenehmigung ja durchaus noch bis Mitte Januar gilt. Denn auch wenn ich bisher noch nicht einmal von irgendwem nach meinem P-Schein gefragt wurde (außer von meinem Chef), vermute ich, dass so ein schnöder Computerausdruck mit der Fälschungssicherheit eines handgeschriebenen Post-it’s bei jeder erdenklichen Kontrolle für unnötigen Spaß sorgen würde.

Nun gehöre ich ja zu den wenigen Menschen, die hier und da die Amtspost sogar gründlich lesen. Das tue ich durchaus aus Interesse. Die Ämter dieses Landes repräsentieren den Staat, und da dieser mir Rechte und Pflichten auferlegt, interessiert es mich per se, was er tut. Wie jeder andere Bürger da draussen bin ja auch ich der Meinung, dass er hier zu wenig und da zu viel tut.
Amtliche Schreiben stellen nun eine (meist tatsächlich nur einseitige) Kommunikation dar, die durchaus einen Blick wert sind. Schließlich kommen hier mal regelrecht freundlich formulierte Anfragen und anderswo total kryptische Befehle.

Nun also das LABO.

Der Schrieb ist zunächst völlig normal, mit leicht übersachlichem Amtston, ansonsten aber verständlich formuliert.

„Ihrem Antrag auf Verlängerung […] wird stattgegeben.“

liest man da, und zusammen mit der Erklärung, wohin man beim LABO genau latschen muss, ist das ja der wichtigste Part. Beim letzten Satz allerdings musste sogar ich zweimal lesen, um ihn zu verstehen.

„Mit Ablauf des 27.09.2012 wird der Antrag gegenstandslos, weil dann die Ermittlungen zur besonderen Verantwortung als Personenbeförderer nicht mehr gültig sind.“

Jaja, man liest dreimal drüber, fragt sich im Kontext, was es bedeuten könnte und sieht dann: Oh, alles klar! Ging mir auch so. Aber ohne behaupten zu wollen, dass mein Bildungsstand mit dem Erwerb des Abiturs sonderlich außergewöhnlich wäre: Ich bin gebürtiger Deutscher im heiratsfähigen Alter mit Abitur und habe diesen Text zweimal lesen müssen! Natürlich geht es bloß darum, dass meine ärztlichen Gutachten nach einem Jahr ungültig werden, kein großes Ding. Aber wie bitte kann man erwarten, dass mitunter fremdsprachliche Leute einen unnötig absurden Terminus wie „Ermittlungen zur besonderen Verantwortung“ verstehen? Man muss ja nicht gleich „dein Papierkram“ schreiben, aber was spricht gegen „die eingereichten Unterlagen“, „ihre ärztlichen Zeugnisse“ etc.?

Ich bin – wie einige bereits gemerkt haben – ein Freund der deutschen Sprache. Ich mag sie und ich nutze sie (bisweilen auch eher unbeholfen) in der ganzen Mannigfaltigkeit ihrer Komplexität. Aber von meinen Formulierungen hängt kein lebenswichtiges Geld ab, das Lesen meiner Texte ist freiwillig. Ich würde mich freuen, wenn hierzulande mehr Sprachkompetenz vorherrschen würde, aber in einem Land, in dem die Bild die meistverkaufte Zeitung ist, kann man doch Amtsanschriften nicht derart verklausuliert formulieren. Zumal das ja ein wirklich harmloses Beispiel ist, es können sich gerne mal ein paar ALG2-Bezieher mit ein paar Zitaten aus ihren Anträgen in den Kommentaren zu Wort melden…

Mir persönlich ist das egal. Ich hab noch aus jedem Schreiben rauslesen können, was ich darf, muss oder lassen kann. Aber das können nicht alle. Selbst das Schreiben vom Fundbüro bezüglich der von mir gefundenen Kamera damals war (in dem Fall sicher sogar bewusst) so formuliert, dass es einen falschen Eindruck vermittelt. Wen nimmt es da Wunder, dass ich es auch bevorzuge, möglichst absurd mit den entsprechenden Stellen zu kommunizieren und mich auch noch öffentlich darüber aufrege?

Und irgendwann in den nächsten Monaten hole ich dann meinen P-Schein. Dieses Mal werde ich nicht vergessen, dort am Infoschalter zu sagen, dass ich aufgefordert wurde, hier vorzusprechen. Würde mich ja nicht mal wundern, wenn die dann selbst nicht wissen, was ich damit meine…

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Gesundheitlich geeignet

Den Führerschein zur Fahrgastbeförderung, kurz auch gerne P-Schein (für Personenbeförderungs-Schein) oder Taxischein genannt, kriegt man im Prinzip relativ lässig hinterhergeworfen. Hier die FAQ zum Schein bei GNIT. Insbesondere in Städten, in denen keine sonderlich schwierige Ortskundeprüfung anfällt, genügen Führungszeugnis, Führerschein (seit 2 Jahren) und ein Auszug aus dem Zentralregister in Flensburg. Ferner muss man gesundheitlich geeignet sein.

Da ich meinen P-Schein ja gerade verlängern lasse, stand auch bei mir mal wieder die alle 5 Jahre notwendige Überprüfung der gängigsten Lebenszeichen ins Haus. Gleich vorweg: Ich hatte bei keinem Punkt irgendwelche Probleme und hatte das auch nicht erwartet. Ich bin bei jeglicher Art von Test zwar immer ein bisschen nervös, aber bei Gutachten wie diesen ist das nicht wirklich relevant. Zumal selbst bei der ein oder anderen Zielverfehlung erstmal eine eingehendere Untersuchung vorgeschlagen wird – und man nicht gleich weg vom Fenster ist. So liest sich das Gesamtergebnis auch eher nüchtern:

Negativ formuliert, positiv gemeint. Quelle: Sash

Die jedes Mal in aktueller Fassung vorzulegenden Formulare betreffen den allgemeinmedizinischen Gesundheitszustand und das Sehvermögen. Bei der Ersterteilung und bei einer Verlängerung ab dem 60. Lebensjahr ist zusätzlich noch ein Funktions- und Leistungstest zu bestehen. Aber das blieb mir gestern erspart. Fleißige Leser haben ja schon mitbekommen, dass ich auf dem Weg zum 60. Geburtstag noch einige Texte schreiben werde 😉

Der Sehtest erfasst so ziemlich alle wichtigen Funktionen, die man so von seinem Auge erwarten kann: Räumliches Sehen, Farbsehen, Sehschärfe und Gesichtsfeld. Die Tests sind eigentlich nicht weiter schlimm und man darf ja auch mit Brille cheaten. Etwas, das im Übrigen zu sehr interessanten Ergebnissen führen kann. Da für den normalen Führerschein nur ein einfacher Sehtest und nicht das komplette augenärztliche Gutachten erforderlich ist, kann es durchaus vorkommen, dass ein Taxifahrer im privaten PKW keine Brille tragen muss, im Taxi jedoch schon. Meines Erachtens nach eine hochgradig bekloppte Angelegenheit, aber sei es drum. Bei mir war ein Großteil des Sehtests in ein paar Minuten abgehandelt, da ich keine – aber auch gar keine – Probleme mit meinen Augen habe. Als Sohn zweier Brillenträger traue ich dem Frieden zwar noch nicht ganz, aber die Ärztin bestätigte gestern wieder:

„Na, sehen könn‘ se schon mal wie ein Luchs!“

Die Ärztin (Praxis Dr. Herzberger, Münzstraße 5, 10178 Berlin), die ich mir ziemlich zufällig aus dieser Liste der befugten Personen ausgesucht habe, war wirklich nett und außerdem lief in der Praxis alles erkennbar routiniert und flott ab. Ich weiss, dass es billigere Ärzte gibt, aber 85 € für zwei Gutachten ist nun kein Höllenbetrag und abgesehen davon, dass ich es ja relativ eilig hatte, habe ich auch das Gefühl, mein Geld sinnvoll ausgegeben zu haben – also mal abgesehen davon, dass ich mir den Stress natürlich gerne ganz erspart hätte.

Aber dass es diese Untersuchungen gibt, ist zweifelsohne eine gute Sache. Ich weiss zwar auch, dass Krankheit und Altersschwäche sicher nicht die auffälligsten Probleme auf Deutschlands Straßen sind – aber dass man nicht Taxifahrer werden darf, wenn man sich immer nur grob nach der Sonne ausrichten kann, sollte eigentlich jedem einleuchten.

Der allgemeine Gesundheitscheck ist im Grunde echt harmlos. Überwiegend ist es nur eine Befragung, nebenbei ein kleiner Hörtest und einmal grob abtasten, ob die inneren Organe zufällig schon rausgefallen sind. Dieses Mal habe ich nicht einmal Kniebeugen machen müssen, sondern meine körperlichen Aktionen während der Untersuchung beschränkten sich aufs Rumstehen und begrabschen lassen. Dann noch ein Urintest auf Diabetes und co. und einmal Blutdruck messen. So sah es zumindest bei mir gestern aus und mehr verlangt das Protokoll auch nicht.

Was mich immer noch verwundert, ist dass sie bei all diesem Aufwand ja tatsächlich keine Drogentests machen. Wenn ich das richtig verstanden habe, wird der Urintest ausschließlich wegen Diabetes vorgenommen und ansonsten noch Nieren- und Entzündungswerte gemessen. Aber wahrscheinlich reichen die Gesamtdaten durchaus, um hartnäckige Drogensünder zu erkennen. Mein Befund war so banal wie amüsant vorgetragen:

„Alles negativ, das heisst: für sie positiv!“

Und wenn mich jetzt das Amt nicht wie erwartet enttäuscht und mir erklärt, ich sei ja so spät dran, dann kann ich wohl sagen, dass ich das Wichtigste erstmal für die nächsten 5 Jahre hinter mir habe. Trotz meiner Aversion gegen Tests und Untersuchungen bin ich aber guter Dinge, dass ich in Sachen Tauglichkeit meine 1925 hinter mir lassen kann. Denn die wird es – bei aller Liebe – nicht nochmal 5 Jahre schaffen…